Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollkodex, Transaktionswert, Einfuhren, Minderung des Transaktionswerts bei nachträglichen Erstattungen des Verkäufers
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 29 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 145 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission vom 11. März 2002 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass, wenn Sachmängel, die nach der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr entdeckt werden, aber nachweislich schon vorher vorlagen, aufgrund einer vertraglichen Einstandspflicht zu nachträglichen Erstattungen des Verkäufers und Herstellers an den Käufer führen, die den Reparaturaufwendungen entsprechen, die dem Käufer von seinen Abnehmern in Rechnung gestellt werden, solche Erstattungen eine Minderung des Transaktionswerts dieser Waren und dementsprechend ihres Zollwerts bewirken können, der auf der Grundlage des zwischen dem Verkäufer und Hersteller und dem Käufer ursprünglich vereinbarten Preises angemeldet wurde.
2. Art. 145 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 444/2002 geänderten Fassung ist nicht auf Einfuhren anzuwenden, für die die Zollanmeldungen vor dem 19. März 2002 angenommen wurden.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 29 Abs. 1, 3 Buchst. a; EWGV 2454/93 Art. 145 Abs. 2-3
Beteiligte
Mitsui & Co. Deutschland GmbH |
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Beschluss vom 16.05.2007; Aktenzeichen 4 K 1546/05) |
Tatbestand
„Zollkodex der Gemeinschaften ‐ Erstattung von Abgaben ‐ Art. 29 Abs. 1 und 3 Buchst. a ‐ Zollwert ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Art. 145 Abs. 2 und 3 ‐ Berücksichtigung von Zahlungen des Verkäufers in Anwendung einer im Kaufvertrag vorgesehenen Gewährleistungsverpflichtung bei der Ermittlung des Zollwerts ‐ Zeitliche Geltung ‐ Materiell-rechtliche Vorschriften ‐ Verfahrensvorschriften ‐ Rückwirkung einer Vorschrift ‐ Gültigkeit“
In der Rechtssache C-256/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 16. Mai 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2007, in dem Verfahren
Mitsui & Co. Deutschland GmbH
gegen
Hauptzollamt Düsseldorf
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk und P. Kũris (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Mitsui & Co. Deutschland GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt H. Nehm,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch S. Schønberg und F. Hoffmeister als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Oktober 2008
folgendes
Urteil
1
Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 29 Abs. 1 und 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) und von Art. 145 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission vom 11. März 2002 (ABl. L 68, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung) und zum anderen die Gültigkeit von Art. 145 Abs. 2 und 3 der Durchführungsverordnung.
2
Dieses Ersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mitsui & Co. Deutschland GmbH (im Folgenden: Mitsui) und dem Hauptzollamt Düsseldorf (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen eines Antrags auf Erstattung von Abgaben.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
In Art. 29 des Zollkodex heißt es:
„(1) Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass
a) keine Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauchs der Waren durch den Käufer bestehen, ausgenommen solche, die
‐ durch das Gesetz oder von den Behörden in der Gemeinschaft auferlegt oder gefordert werden;
‐ das Gebiet abgrenzen, innerhalb dessen die Waren weiterverkauft werden können;
‐ sich auf den Wert der Waren nicht wesentlich auswirken;
b) hinsichtlich des Kaufgeschäfts oder des Preises weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, ...