Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfuhren von Hämatit-Roheisen, Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Warenwerts, Ermittlung des Zollwerts zum Zweck der Anwendung eines variablen Antidumpingzolls
Leitsatz (amtlich)
Nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94/EGKS der Kommission vom 12. Januar 1994 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft können die Zollbehörden den Zollwert für die Anwendung des mit dieser Entscheidung eingeführten Antidumpingzolls nicht auf der Grundlage des Preises ermitteln, der für die betreffenden Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn der angemeldete Preis dem vom Einführer tatsächlich gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht.
Haben die Zollbehörden begründete Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Werts, können sie, wenn ihre Zweifel bestätigt werden, nachdem sie zusätzliche Auskünfte verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen ihre Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen, nach Art. 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften den Zollwert für die Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls unter Zugrundelegung des Preises berechnen, der für die betreffenden Waren bei dem früheren Verkauf, der dem Verkauf am nächsten liegt, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vereinbart wurde und in Bezug auf dessen Richtigkeit für die Zollbehörden kein objektiver Grund für Zweifel besteht.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 31
Beteiligte
Ministero dell’Economia e delle Finanze |
Riunione Adriatica di Sicurtà SpA |
Tatbestand
„Gemeinsame Handelspolitik ‐ Schutz gegen Dumpingpraktiken ‐ Antidumpingzoll ‐ Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs ‐ Entscheidung Nr. 67/94/EGKS ‐ Ermittlung des Zollwerts zum Zweck der Anwendung eines variablen Antidumpingzolls ‐ Transaktionswert ‐Aufeinanderfolgende Verkäufe zu unterschiedlichen Preisen ‐ Befugnis der Zollbehörde, den Preis eines dem Verkauf, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkaufs von Waren zugrunde zu legen“
In der Rechtssache C-263/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 30. März 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2006, in dem Verfahren
Carboni e derivati Srl
gegen
Ministero dell’Economia e delle Finanze,
Riunione Adriatica di Sicurtà SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský und T. von Danwitz (Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Righini und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. September 2007
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 der Entscheidung Nr. 67/94/EGKS der Kommission vom 12. Januar 1994 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft (ABl. L 12, S. 5) in Verbindung mit den Art. 29 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Gemeinschaften).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Carboni e derivati Srl (im Folgenden: Carboni) einerseits und dem Ministero dell’Economia e delle Finanze (Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, im Folgenden: Ministero) sowie der Riunione Adriatica di Sicurtà SpA (im Folgenden: RAS) andererseits wegen der Ermittlung des Zollwerts einer Partie von in die Gemeinschaft eingeführtem Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs zum Zweck der Anwendung eines mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten variablen Antidumpingzolls.
Rechtlicher Rahmen
Die Antidumping-Grundregelung und die besondere Antidumpingregelung
3
Die Entscheidung Nr. 2424/88/EGKS der Kommission vom 29. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gehörenden Ländern (ABl. L 209, S. 18, im Folgenden: Grundentscheidung) bestimmt in ihren Art. 1, 2 und 13:
„Artikel 1
Anwendungsbereich
Diese Entscheidung enthält Vorschriften über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen G...