Leitsatz
Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt Saarbrücken vom 20.01.2021 – C‐288/19, EU:C:2021:32).
Normenkette
Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 12 Satz 2, § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3, § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 UStG
Sachverhalt
Die in Luxemburg ansässige Klägerin überließ ihren beiden im Inland wohnenden Angestellten PS (2013 und 2014) und FL (ab Februar 2014) jeweils ein von ihr geleastes Firmenfahrzeug, das PS und FL auch für Privatfahrten verwenden konnten. Mit PS vereinbarte die Klägerin eine Eigenbeteiligung von 2.640 EUR jährlich, die sie aber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht einforderte. Vom Gehalt des FL behielt die Klägerin 5.688 EUR ein, da die für das Dienstfahrzeug zu zahlende Leasingrate insoweit das mit dem Mitarbeiter für die Überlassung von Dienstwagen vereinbarte Budget (700 EUR) überschritt. Zudem bestand eine gesonderte Dienstwagenvereinbarung. In Luxemburg wurde weder die Fahrzeugüberlassung besteuert, noch kam es dort zu einem Vorsteuerabzug. Die Klägerin reichte beim FA USt-Erklärungen für die Streitjahre ein, in denen sie für die beiden Fahrzeugüberlassungen sonstige Leistungen im Inland anmeldete. Gegen die zu Vorbehaltsfestsetzungen führenden USt-Erklärungen legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein. Das FG richtete ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH und gab im Anschluss an dessen Urteil der Klage überwiegend statt (FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 29.7.2021, 1 K 1034/21, Haufe-Index 14790466, EFG 2021, 2099).
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Der BFH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung bejaht, dass bei der Überlassung eines sog. Dienstfahrzeugs an einen Arbeitnehmer zu dessen privater Verwendung ein entgeltlicher Vorgang vorliegt. Der BFH hatte dies mit einem tauschähnlichen Verhältnis begründet, bei dem ein Teil der Arbeitsleistung Entgelt für die Fahrzeugüberlassung ist.
2. Ob hieran festzuhalten ist, war aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens unklar geworden. Allerdings wurde weder hier noch in dem auf die Vorlage ergangenen EuGH-Urteil die Frage des tauschähnlichen Umsatzes thematisiert. Hieraus leitete das FG in seiner Folgeentscheidung ab, dass es in der Fallgestaltung der Privatnutzung eines Dienstwagens keinen tauschähnlichen Umsatz gebe und daher an der bisherigen BFH-Rechtsprechung nicht festzuhalten sei.
3. Dies sieht der BFH anders. Nach seinem Urteil ist aus dem Schweigen des EuGH zu einer vom vorlegenden Gericht nicht thematisierten Fragestellung nichts abzuleiten. Damit hält der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung zum tauschähnlichen Umsatz bei der Gestattung der Privatnutzung eines Dienstwagens jedenfalls dann fest, wenn das Recht zur Privatnutzung bei der Begründung des Dienstverhältnisses vereinbart wird. Ob ein tauschähnliches Verhältnis auch in anderen Fallgestaltungen, z.B. aufgrund einer betrieblichen Übung, anzunehmen ist, bleibt damit offen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.6.2022 – V R 25/21