§ 28a ErbStG normiert die sog. Verschonungsbedarfsprüfung bzw. das sog. Erlassmodell, welches auf Antrag des Erwerbers (hier die Familienstiftung) einheitlich für alle Arten des erworbenen begünstigten Vermögens zur Anwendung kommen kann, wenn der Erwerb von begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG die Grenze von 26 Mio. EUR (Großerwerb, § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13c Abs. 2 ErbStG) überschreitet. Dabei ist zu beachten, dass ein Antrag auf Anwendung des Abschmelzungsmodells die Anwendung des Erlassmodells unwiderruflich ausschließt (§ 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG, § 28a Abs. 8 ErbStG). Wird dem Antrag stattgegeben, ist die auf das unverschonte, begünstigte Vermögen entfallende Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auf die Höhe des verfügbaren Vermögens nach § 28a Abs. 2 ErbStG zu erlassen.

Beraterhinweis Zu beachten ist, dass nach Ansicht der Verfasser die relevante Erbschaft- oder Schenkungsteuer normkonform in unbegrenzter Höhe bis auf das verfügbare Vermögen erlassen werden kann (vgl. Hamacher/Liebernickel in BeckOK/ErbStG, Stand: 10/2023, § 28a Rz. 13 ff. m.w.N.; R E 28a.1 Abs. 1 ErbStR 2019).

Das verfügbare Vermögen setzt sich gem. § 28a Abs. 2 ErbStG aus der 50%igen Summe der gemeinen Werte zweier Komponenten zusammen; dabei ist jeweils der Nettowert dieser beiden Komponenten zugrunde zu legen, womit Schulden und Lasten, Nachlassverbindlichkeiten und Gegenleistungen vom Bruttowert abzuziehen sind. Die erste Komponente stellt das Vermögen dar, welches mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übertragen wurde und nicht zum begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG gehört. Die zweite Komponente stellt das Vermögen dar, welches dem Erwerber (hier die Familienstiftung) zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gehört und das kein begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG darstellt (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, BewG/ErbStG/GrStG, Stand: 7/2023, § 28a ErbStG Rz. 11 ff. m.w.N.; R E 28a.2 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStR 2019).

 

Beispiel

Wird bspw. begünstigtes Vermögen i.H.v. 100 Mio. EUR an eine Familienstiftung übertragen, welche wiederrum ausschließlich über unbegünstigtes Vermögen i.H.v. 100.000 EUR verfügt, ist es somit nach Auffassung der Verfasser folgerichtig, dass die Erbschaft- oder Schenkungsteuer auf Antrag i.H.v. 50.000 EUR erlassen wird.

Besondere Bedeutung bei der Verschonungsbedarfsprüfung entfaltet insb. bei Familienstiftungen § 28a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG, wenn z.B. die Errichtung i.R. eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden erfolgt ist und diese Familienstiftung (Teil-)Erbin oder Vermächtnisnehmerin des restlichen verfügbaren Vermögen (§ 28a Abs. 2 ErbStG) des Stifters ist oder der Familienstiftung solch verfügbares Vermögen von beliebig anderer Seite innerhalb von zehn Jahren unentgeltlich zugewendet wird. In diesem Fall entfällt der Steuererlass rückwirkend, wobei der der Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG dann für das gesamte "Zehn-Jahres-Vermögen" erneut gestellt werden kann.

Beraterhinweis Es ist zu empfehlen, dass die Familienstiftung die Annahme solcher Übertragungen abzulehnt. Mindestens sollte die Familienstiftung im Vorfeld der Annahme einer solchen Übertragung prüfen, ob ein erneuter Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG in dieser neuen Situation bewilligungsfähig ist (vgl. Krumm in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte; Stand: 6/2023; Kap. 97 Rz. 124 m.w.N.).

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