Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Streitwerts. Erhöhung des Streitwerts um Auswirkungen in anderen Veranlagungszeiträumen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Höhe des Streitwerts ist um den Betrag der Auswirkungen des Streitgegenstands auf weitere Veranlagungszeiträume anzuheben.
2. Danach berechnet sich der Streitwert (Gegenstandswert) nicht nur nach der Höhe des Klagebegehrens des Streitjahres, sondern auch nach den Beträgen, um die sich aufgrund des Obsiegens durch einen Verlustrücktrag die Zinsen zur Einkommensteuer, der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer in einem anderen Veranlagungszeitraum mindern.
Normenkette
FGO § 52 Abs. 3 S. 2, § 65 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, § 149 Abs. 1, § 139 Abs. 1; StBVV § 45; RVG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1; AO § 233a Abs. 1 S. 1, Abs. 3; SolzG § 1 Abs. 5 S. 2; SolZG § 3 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 51a Abs. 5, § 10d Abs. 1
Tenor
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. September 2014 wird aufgehoben; die Sache wird an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur eigenverantwortlichen Berechnung und (Neu-)Festsetzung der zu erstattenden Kosten zurückverwiesen; der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat hierbei den Streitwert nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe zu errechnen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Erinnerungsführer 35 vom Hundert, der Erinnerungsgegner 65 vom Hundert.
Tatbestand
I.
In dem vorliegenden Verfahren ist für die Kostenfestsetzung gemäß § 149 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur die Frage streitig, nach welchen Regeln der Streitwert zu errechnen ist.
Die Erinnerungsführer hatten mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2001 – das spätere Streitjahr – die Zusammenveranlagung gewählt.
Der Erinnerungsgegner hatte die Einkommensteuer zunächst offenbar mit einem – nicht bei den Einkommensteuerakten befindlichen – Bescheid vom 26. Februar 2004 festgesetzt. Hiergegen hatten die Erinnerungsführer mit Schreiben vom 8. März 2004 Einspruch eingelegt.
Mit dem hierauf geändertem Bescheid vom 5. April 2004 hatte der Erinnerungsgegner die Steuer sodann auf 243.640,81 Euro festgesetzt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid war der Erinnerungsgegner davon ausgegangen, dass sich der Einspruch nunmehr erledigt habe. Gegen den Bescheid vom 5. April 2004 hatten die Erinnerungsführer jedoch ausdrücklich Einspruch eingelegt.
Hierauf – mit Bescheid vom 29. Juni 2011 – hatte der Erinnerungsgegner die Steuer schließlich auf 58.848,67 Euro festgesetzt. Dabei war er davon ausgegangen, dass der Erinnerungsführer Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 319.599 Euro erzielt hatte. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid hatte der Erinnerungsgegner wiederum ausgeführt, dass sich der Einspruch jetzt erledigt habe. Auch hiergegen hatten die Erinnerungsführer am 29. Juli 2011 Einspruch eingelegt. Diesen hatte der Erinnerungsgegner schließlich mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2013 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage der Erinnerungsführer hiergegen war bei dem Senat am 14. Januar 2014 unter dem Aktenzeichen 1 K 179/14 anhängig geworden. Mit Schriftsatz vom 10. März 2014 hatten die Erinnerungsführer geltend gemacht, er, der Erinnerungsführer, habe – anders als vom Erinnerungsgegner angenommen – aus selbständiger Arbeit einen Verlust in Höhe von 57.118 Euro erlitten. Hierauf – mit Bescheid vom 29. April 2014 – hatte der Erinnerungsgegner den Bescheid über die Einkommensteuer für das Streitjahr geändert und die Steuer auf null Euro festgesetzt. Die „Summe der negativen Einkünfte” hatte er hierbei mit 39.156 DM errechnet. Außerdem hatte der Beklagte mit der Abrechnung zu diesem Bescheid mitgeteilt, dass die Erinnerungsführer für das Streitjahr auch die Erstattung folgender Beträge zu beanspruchen hätten:
Zinsen zur Einkommensteuer |
39.099,00 Euro |
Solidaritätszuschlag |
2.197,91 Euro |
Kirchensteuer |
4.707,89 Euro |
Den entsprechenden Betrag der negativen Einkünfte des Streitjahres hatte der Erinnerungsgegner sodann – mit Bescheid vom 29. April 2014 – von den Einkünften des Kalenderjahres 2000 abgezogen. Die Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2000 hatte er dementsprechend um 9.876,11 Euro gemindert. Außerdem hatte der Beklagte mit der Abrechnung zu diesem Bescheid mitgeteilt, dass die Erinnerungsführer für das Streitjahr auch die Erstattung folgender Beträge zu beanspruchen hätten:
Zinsen zur Einkommensteuer |
6.553,00 Euro |
Solidaritätszuschlag |
543,19 Euro |
Kirchensteuer |
790,09 Euro |
Anschließend hatten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 14. Mai 2014 hatte die Berichterstatterin des Senats die Kosten dem Erinnerungsgegner auferlegt. Außerdem – mit Beschluss vom 3. Juli 2014 -hatte sie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
Schon zuvor – mit Schreiben vom 26. Mai 2014 – hatten die Bevollmächtigten beantragt, die den Erinnerungsführern auch für das Vorverfahren entstandenen Kosten festzusetzen und dabei von einem Streitwert von 122.615 Eu...