rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung der Altersgrenze für die Gewährung von Kindergeld von 27 auf 25 Jahre

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung der Altersgrenze für die Gewährung von Kindergeld von 27 auf 25 Jahre des zu berücksichtigenden Kindes.

2. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass beim BFH zu dieser Rechtsfrage Revisionsverfahren anhängig sind, da mehrere finanzgerichtliche Hauptsacheentscheidungen vorliegen, die die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bejaht haben.

3. Aufwendungen für Unterhalt und Berufsaufwendungen eines Kindes, das die Altersgrenze für das Kindergeld überschritten hat, können im Lohnsteuerermäßigungsverfahren über §§ 33a Abs. 1, 39a Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4-5, § 39 Abs. 3a, § 39a Abs. 1 Nrn. 3, 6, § 52 Abs. 40, § 33a Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20; JAPrO Bad-Württ § 3 Abs. 6, § 2 Abs. 2 S. 2; FGO § 69 Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein (weiterer) Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte der Antragstellerin für das Jahr 2010 (Streitjahr) einzutragen ist.

Die Klägerin ist als Lehrerin Beamtin des Baden-Württemberg. Sie und ihr Ehemann, der Vertreter der Antragstellerin, sind Eltern der am … 1988 geborenen Tochter B sowie des am … 1984 geborenen Sohnes C. B besucht bis voraussichtlich Juli 2011 die … Fachschule für Sozialpädagogik in X.

C legte am 1. Juni 2003 das Abitur ab und leistete anschließend von August 2003 bis Mai 2004 Zivildienst. Seit Oktober 2004 studiert C Rechtswissenschaften, zunächst in Y, dann in Z und seit Oktober 2007 in Q.

In Baden-Württemberg beträgt die Regelstudienzeit im Fach Rechtswissenschaften einschließlich der Ersten juristischen Prüfung neun Semester (§ 3 Abs. 6 der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung – JAPrO – vom 8. Oktober 2002, GBl. Baden-Württemberg 2002, 391 ff., zuletzt geändert durch Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts vom 14. Oktober 2008, GBl. Baden-Württemberg 2008, 343). Die Erste juristische Prüfung umfasst nach § 2 Abs. 2 Satz 2 JAPrO eine staatliche Pflichtfachprüfung (Staatsprüfung) und eine universitäre Schwerpunktbereichsprüfung (Universitätsprüfung). Die Antragstellerin teilt mit, C beabsichtige, im laufenden Sommersemester 2010 (10. Fachsemester) an der Ersten juristischen Prüfung teilzunehmen.

Am 12. November 2009 beantragte die Antragstellerin mit einem vereinfachten Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung für das Jahr 2010 die Eintragung von zwei Kinderfreibeträgen für B und C auf ihrer Lohnsteuerkarte 2010.

Den Antrag für C lehnte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) mit Bescheid vom 16. November 2009 ab, weil trotz Anrechnung der Zivildienstzeit von C die Altersgrenze des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der seit dem Jahr 2007 geltenden Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19. Juli 2006 (BGBI I 2006, 1652) überschritten sei.

Den Einspruch der Antragstellerin vom 23. November 2009, mit dem sie geltend machte, die hierfür maßgeblichen Rechtsvorschriften seien materiell und formell verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG –), den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), das Rückwirkungsverbot sowie gegen das Vertrauensschutzprinzip verstießen, wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2010 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die beim erkennenden Senat anhängige Klage mit dem Aktenzeichen 3 K 722/10.

Gleichzeitig mit dem Einspruch beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte das FA mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 ab, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht bestünden. Auch gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin am 7. Dezember 2009 Einspruch ein. Auch diesen Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2010 zurück.

Daneben hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2009 Aussetzung der Vollziehung bei Gericht beantragt. Sie bringt vor, die Berechnung des FA entspreche zwar durchaus dem Gesetzeswortlaut. Dennoch sei die Versagung der Eintragung des Freibetrags rechtswidrig, weil bei der Herabsetzung der Altersgrenze auf 25 Jahre nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, dass es erhebliche, unverschuldete und ausbildungsrechtlich relevante Umstände für eine Verlängerung der Ausbildungszeit gebe. Das Verfahren richte sich insoweit auch gegen die Unzulänglichkeit und Unvollständigkeit der gesetzlich vorgesehenen „Verzögerungstatbestände”. So berücksichtige § 32 Abs. 5 EStG Auslandsstudienjahre (wie z.B. auch Ausbildungen auf dem sog. „Zweiten Bildungsweg” oder nachgewiesene Krankheitszeiten) zu Unrecht nicht als weiteren „Verzögerungstatbestand”. Im Übrigen zeige die Ver...

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