Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug bei Abweichung von den im Vermögensübergabevertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorgesehenen Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Falle der Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sind die vom Übernehmer erbrachten Versorgungsleistungen nur dann gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn der Übernehmer die zugesagten Versorgungsleistungen aus dem übergebenen Vermögen erwirtschaften kann.
2. Räumt der Vermögensübernehmer wegen der im Zeitpunkt des Vermögensübergabevertrages nicht absehbaren Umständen der Vermögensübergeberin nunmehr ein Wohnrecht statt -wie vereinbart- an dem ihm übertragenen Grundstück an einem gemieteten Grundstück ein, kann der Mietwert dieser Räume als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abzugsfähig sein.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Bei den Einkommensteuerveranlagungen 1992 bis 1994 ist streitig, ob anteilige Aufwendungen der gemieteten Wohnung des Klägers für von seiner Mutter bewohnte Räume gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz (EStG) als dauernde Last abzugsfähig sind.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger ist verheiratet. Er hat einen im Jahr 1977 geborenen Sohn und eine im Jahr 1980 geborene Tochter. Durch notariellen Übergabevertrag vom 05. August 1988 erwarb er von seiner am 19. Dezember 1904 geborenen verwitweten Mutter als deren einziger Sohn im Wege vorweggenommener Erbfolge das 1.858 qm große lastenfreie Grundstück in U..., das mit einem im Jahr 1958 errichteten Zweifamilienhaus bebaut ist. Im Zeitpunkt des Übergabevertrages hatte die Fünfzimmerwohnung im Erdgeschoß eine Wohnfläche von 96,73 qm und die Dreizimmerwohnung im Obergeschoß eine Wohnfläche von 74,5 qm (Gesamtwohnfläche: 171.23 qm). Im Obergeschoß wurde das 21,6 qm große Wohnzimmer sowie die Küche (10.9 qm) und das Bad mit WC (3,5 qm) von der Mutter des Klägers genutzt. Die übrigen Räume des Hauses bewohnte der Kläger mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Im Übergabevertrag wurde zugunsten der damals 83 Jahre alten Mutter auf deren Lebenszeit ein unentgeltliches Leibgeding mit folgendem Inhalt bestellt:
„Reallast auf Wohnungsgewährung
Die Übergeberin hat Anspruch auf Wohnungsgewährung im Umfang eines Zimmers nebst Küche, Bad und WC.
Schuldrechtlich wird hierzu vereinbart, daß die Wohnung weiterhin wie bisher gewährt wird auf dem Anwesen durch Überlassung eines großen Zimmers (Zimmer imerstenObergeschoß geradeaus) zuralleinigenNutzung sowie Mitbenutzung aller Gemeinschaftseinrichtungen. Die Berechtigte ist auch verpflichtet, die Wohnungsgewährung in dieser Art anzunehmen.
Reallast für Pflege und Betreuung
Die Übergeberin hat Anspruch auf Pflege und Betreuung durch persönliche Dienste insbesondere in kranken und gebrechlichen Tagen. Hierzu gehört auch der Einsatz finanzieller Mittel in dem Umfang, wie die eigenen Einkünfte und Mittel der Übergeberin zur Bestreitung ihrer notwendigen Bedürfnisse nicht ausreichen.”
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Übergabevertrag vom 05. August 1988 Bezug genommen. Das Leibgeding wurde im Grundbuch eingetragen.
In den Jahren 1990 bis 1994 ließ der Kläger das Haus umbauen und renovieren. Durch Anbau eines Erkers (Kaminzimmer) an die Südseite des Erdgeschosses mit darüber liegendem Balkon und Erweiterung des Obergeschosses wurde die Wohnfläche nach der Berechnung des Architekten von bisher 171.23 qm um insgesamt 42,88 qm auf 214,11 qm vergrößert.
Bis Ende Mai 1991 war der Kläger als Verwaltungsbeamter bei der Stadt ... tätig. Zum 01. Juni 1991 wurde er zum Bürgermeister der Gemeinde ... ... gewählt. Etwa ein Jahr später zog er am 10. August 1992 mit seiner Ehefrau, seinen beiden Kindern und seiner zu diesem Zeitpunkt 87 Jahre alten Mutter an seinen Dienstsitz um, wo er im Ortsteil B... für monatlich 2.500 DM ein zweigeschossiges Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 230 qm mietete. In diesem Haus überließ er Räume mit einer Fläche von 40 qm seiner Mutter unentgeltlich zur Nutzung. Das Zweifamilienhaus in U... vermietete er ab 01. Juni 1993 für monatlich 2.900 DM zuzügl. 150 DM Nebenkosten.
Im Einspruchsverfahren gegen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1994 war zunächst in erster Linie die steuerliche Behandlung der Umbau- und Renovierungskosten dieses Hauses streitig. Dieser Streitpunkt wurde im Anschluß an eine abgekürzte Außenprüfung ausgeräumt, auf deren Prüfungsbericht vom 04. März 1997 Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 18. März 1997 erklärte sich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit den Prüfungsfeststellungen einverstanden, machte nunmehr aber geltend, die anteilig auf die Räume der Mutter in dem gemieteten Haus entfallenden Aufwendungen für Miete und Nebenkosten seien gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG als dauernde Last abzugsfähig. Das Wohnrecht beruhe auf dem Übergabevertrag vom 05. August 1988, mit dem das gesamte Vermögen der Mutter dem Kläger übergeben worden sei. Soweit aus dem Wohnrecht Kosten entstünden, ...