Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerlicher Unternehmer bei einer Internetauktion über ebay unter Verwendung eines Pseudonyms/Nicknamens
Leitsatz (redaktionell)
1. Unternehmer bei der Lieferung von Gegenständen über die Internetplatform ebay ist, wer als Verkäufer der Ware auftritt.
2. Leistungserbringer im umsatzsteuerlichen Sinne ist, wer das bindende Verkaufsangebot auf der Internetplattform einstellt.
3. Findet die Internetauktion ausschließlich unter Verwendung eines sog. „Nicknamens” statt, dann ist leistender Unternehmer derjenige, der sich den anonymen Nutzernamen von dem Unternehmen „ebay” bei Eröffnung des Nutzerkontos hat zuweisen lassen.
4. Der Umstand, dass dem Ersteigerer ein Bestätigungsschreiben – oder auch die Ware selbst – von einer anderen Person als derjenigen zugeht, die als „ebay”-Kontoinhaber hinter dem verwendeten Nickname steht, führt nicht dazu, dass der Verkäufer einseitig ausgewechselt wird.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die gegenüber der a A und b A GbR ergangenen Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 29. November 2007 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2008 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundesfinanzhof (Az.: V R 2/11) trägt der Beklagte.
3. Die Entscheidung ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist die Entscheidung hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist die Entscheidung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Sache befindet sich nach ihrer Zurückverweisung vom Bundesfinanzhof (BFH) im zweiten Rechtsgang. Streitig war im ersten Rechtsgang zunächst, ob die über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorgenommene Veräußerung einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen auf der Internet-Auktions-Plattform „ebay” der Umsatzsteuer unterliegt. Nach Klärung dieser Rechtsfrage durch das aufgrund der Revision der Klägerin ergangene BFH-Urteil vom 26. April 2012 – V R 2/11 (BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634) ist im zweiten Rechtsgang noch streitig, ob die Klägerin die steuerpflichtigen Umsätze in den Jahren 2003 bis 2005 (den Streitjahren) selbst als Unternehmerin ausgeführt hat oder ob die Umsätze dem unternehmerischen Handeln eines oder beider ihrer Gesellschafter zuzurechnen sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die aus den beiden in den Jahren 1939 und 1941 geborenen und seit dem Jahre 1964 miteinander verheirateten Eheleuten a A (a A und b A (b A besteht. Der Gesellschafter und Ehegatte a A übte zuletzt den Beruf eines … Angestellten aus, die Gesellschafterin und Ehegattin b A war Hausfrau. Zum xx.xx. 2001 eröffnete der Gesellschafter und Ehegatte a A auf der Internet-Plattform „ebay” für sich ein Nutzerkonto, das ihn dazu berechtigte, künftig an Online-Auktionen verschiedenster Waren und Gegenstände sowohl als Verkäufer als auch als Käufer teilzunehmen. Für dieses Nutzerkonto wählte a A den Nutzernamen (sog. Nicknamen) „n. n.”, der sich aus den jeweils ersten beiden Buchstaben des Vornamens seiner Ehefrau, der Gesellschafterin b A, und seines eigenen Vornamens sowie den ersten beiden Buchstaben ihres gemeinsamen Nachnamens zusammensetzte. Das Nutzerkonto war durch ein von a A gewähltes Passwort vor dem unbefugten Gebrauch durch Dritte geschützt.
In der Folgezeit wurde über die Plattform „ebay” unter dem gewählten Nicknamen „n. n.” eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen an jeweils unterschiedliche Käufer veräußert; dabei ist bei den einzelnen Verkaufsvorgängen streitig, ob sie der Klägerin, a A oder b A als ausführendem Unternehmer zuzuordnen sind. Die zu verkaufenden Gegenstände waren bei der Erstellung des jeweiligen Auktionsangebots verschiedenen Produktgruppen zugeordnet worden, so vor allem den Gruppen „ …. Daneben wurde noch eine Vielzahl anderer Gegenstände veräußert, die sich keiner bestimmten Kategorie zuordnen ließen. Wegen der einzelnen Verkäufe und der daraus erzielten Erlöse wird auf die darüber angefertigte 19-seitige Aufstellung (Rechtsbehelfsakten des beklagten Finanzamts – des Beklagten –, unpaginiert, hinter Sektion „Ebay verk. liste”) verwiesen, die auf einer von dem Unternehmen „ebay” erstellten Liste der getätigten Auktionsgeschäfte beruht. Insgesamt handelte es sich im Zeitraum zwischen November 2001 und Juni 2005 um über 1.200 einzelne Verkaufsvorgänge. Hieraus wurden Erlöse erzielt, die sich im Jahre 2001 (bei 16 Verkäufe...