Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Verbindlichkeiten sind keine Anschaffungskosten eines Grundstücks bzw. Firmenwerts bei übertragender Sanierung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Übernahme von Verbindlichkeiten des in Insolvenz geratenen Unternehmens im Rahmen einer „übertragenden Sanierung” sind keine Anschaffungskosten bezüglich des Firmenwerts oder erworbener Grundstücke beim neuen gewerblichen Unternehmen, wenn die einzelnen Wirtschaftsgüter zu den vertraglich vereinbarten – niedigeren Preisen – erworben worden sind. Solche Zahlungen bleiben der vergangenen betrieblichen Tätigkeit des in Insolvenz geratenen Unternehmens zugeordnet.
2. Finanzierungskosten gehören grundsätzlich nicht zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts.
Normenkette
HGB § 255 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Mehrzahlungen im Rahmen einer „übertragenden Sanierung” beim neuen gewerblichen Unternehmen als Anschaffungskosten eines Firmenwertes bzw. der erworbenen Grundstücke zu qualifizieren sind oder sie als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben Berücksichtigung finden oder ob sie vielmehr dem untergegangenen Unternehmen zuzuordnen sind.
Die Klägerin wurde für die Streitjahre 1998 – 2000 mit ihrem am 06. Oktober 2000 verstorbenen Ehemann X.B. (B) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dieser war neben der Komplementärgesellschaft B GmbH als alleiniger Kommanditist an der Firma B GmbH & Co KG …betrieb (KG) beteiligt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Y vom 02. Mai 1996 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der KG eröffnet. Rechtsanwalt Z (… Partnerschaft) wurde zum Konkursverwalter bestellt.
Mit Wirkung zum 01. Mai 1996 pachtete die Klägerin von dem Konkursverwalter das in D, belegene Betriebsgrundstück für einen jährlichen Pachtzins von zunächst 150.000 DM. Die Dauer des Pachtvertrags belief sich auf 20 Monate mit Verlängerungsoption (vgl. Teil 2, § 2 und § 3 der Vereinbarung). Des weiteren kaufte die Klägerin das gesamte bewegliche Anlagevermögen für 400.000 DM, das gesamte Vorratsvermögen für 150.000 DM sowie die in § 1 Nr. 3 näher spezifizierten immateriellen Wirtschaftsgüter für 25.000 DM mit Wirkung zum 01. Mai 1996. Für die Kaufpreise wurden Ratenzahlungen vereinbart (vgl. Teil 3, § 1 und § 2 der Vereinbarung). Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen (Rechtsbehelfsakte Bl. 8 – 15). Ausweislich der Gewerbeanmeldung (vgl. Gewerbesteuerakte Bl. 2) errichtete die Klägerin zum 02. Mai 1996 einen neuen Gewerbebetrieb (Durchführung von …arbeiten).
Am 31. Januar 1998 wurde zwischen B und der Klägerin, zugleich als Inhaberin des A.B. …betriebs – Auftraggeber/Treugeber – und Rechtsanwalt V (Partnerschaft …) – Treuhänder – eine Treuhandvereinbarung (Rechtsbehelfsakte Bl. 31f.) geschlossen. Danach sollte die Klägerin, zugleich lnhaberin des A.B. …betriebs, im Konkursverfahren über das Vermögen der KG vom Konkursverwalter die im Eigentum der KG stehenden Grundstücke in D und in G erwerben. Des weiteren sah die Treuhandvereinbarung folgendes vor:
„Der Kaufpreis für den Grundstückserwerb und sonstige, zur Abgeltung von Forderungen persönlicher Gläubiger der Eheleute X. und A.B. benötigte Beträge werden mit rund 2 Mio. DM von der U-Bank auf Darlehensbasis finanziert. Voraussetzung der Verfügung über das Darlehen ist nach Vorgabe der U-Bank, dass die Grundpfandrechte, die auf den im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehenden Immobilien in D und G sowie auf der im Eigentum von Herrn X.B. stehenden lmmobilie in G jeweils lasten, zur Löschung gebracht werden und die Grundpfandgläubiger IBank, P-Bank und das Land … (Finanzverwaltung) sowie die E-Bank und die Ü-Krankenkasse auch auf persönliche Forderungen gegen die Eheleute X. und A.B. im Zusammenhang mit dem Konkursverfahren B GmbH & Co. KG …betriebs verzichten.
Im Vorfeld haben die Eheleute X. und A.B. … die Abgeltungsbeträge mit den vorg. Gläubigern bereits wie folgt verabredet:
- I-Bank: DM 1,56 Mio.;
- P-Bank: DM 200.000,00;
- Land …: DM 153.500,00;
- E-Bank: DM 40.000,00;
- Ü-Krankenkasse: DM 20.000,00.”
Rechtsanwalt V wurde mit der Einholung der verbindlichen Forderungsverzichtserklärungen der vorgenannten Gläubiger und der Löschungsbewilligungen der grundpfand-rechtlich gesicherten Gläubiger sowie der Auskehrung der Abgeltungsbeträge beauftragt.
Am 16.03.1998 erteilten die Eheleute B der U-Bank den Auftrag zur Auszahlung des Gesamtkredits von insgesamt 2.053.500 DM auf das Konto des Treuhänders (Schreiben vom 16. März 1998 – Rechtsbehelfsakte Bl. 32 –). Der Gesamtbetrag wurde vom Treuhänder wie folgt auf die Gläubiger aufgeteilt:
Betrag |
Gläubiger |
(Haftungs-/Gesamt-)Schuldner |
1.560.000 DM |
I-Bank |
KG; B (persönl. Darlehen, Haftung); Klägerin (Haftung, Bürgschaft); C. B (Bürgschaft) |
200.000 DM |
T-Bank |
KG; B; Klägerin (Bürgschaft) |
153.500 DM |
Finanzamt … |
KG; B (Privatsteuern; Haftung); Klägerin (Gesamtschuldner) |
40.0... |