Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung der Einkünfte eines in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten einer Schweizer Kapitalgesellschaft aus einer Tätigkeit in Drittstaaten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tätigkeit eines in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten für eine schweizerische Kapitalgesellschaft, die unter Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1992 fällt, wird auch dann i.S. des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1992 „in der Schweiz ausgeübt”, wenn sie tatsächlich überwiegend außerhalb der Schweiz in Drittstaaten verrichtet wird.
2. Die Bedeutung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1992 als Fiktion des Tätigkeitsortes muss auch bei der Auslegung des Art. 24 Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 berücksichtigt werden. Dadurch erfolgt die Besteuerung der in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz abschließend genannten leitenden Angestellten ausschließlich am Sitz der Kapitalgesellschaft, gleich wo sich die leitenden Angestellten zeitweise tatsächlich aufhalten.
3. Im Inland unterliegen diese Einkünfte lediglich dem Progressionsvorbehalt.
4. Die Bundesrepublik erlangt das Besteuerungsrecht auch nicht nach der Rückfallklausel des Art. 15 Abs. 4 Satz 2 DBA Schweiz (sog. Subject-to-tax-clause).Entscheidende Voraussetzung für eine Zurückverweisung des Besteuerungsrechts nach der Rückfallklausel ist, dass der Einsatzstaat nach seiner Gesetzgebung nicht besteuern kann. Ein Rückfall tritt also nicht ein, wenn der andere Staat, aus welchen Gründen auch immer, tatsächlich nicht besteuert.
Normenkette
DBA CHE Art. 15 Abs. 4, Art. 15a, 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d
Tenor
1. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1999 vom 11. Mai 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2005 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer auf 0 DM herabgesetzt wird.
2. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Das Urteil wird im Kostenausspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt. Ermöglicht die Entscheidung über die Kosten eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger Sicherheit in Höhe der für ihn festgesetzten Kostenerstattung zu leisten. Im Übrigen kann der Beklagte die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der für ihn festgesetzten Kostenerstattung leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkünfte des Klägers aus einer Tätigkeit in Drittländern für eine schweizerische Kapitalgesellschaft in der Schweiz oder in der Bundesrepublik steuerpflichtig sind.
Der Kläger war einzelzeichnungsberechtigter Direktor der im Handelsregister des Kantons … eingetragenen C AG (nachfolgend C AG genannt), die am 10. Oktober 1983 ins Handelsregister des Kantons … eingetragen wurde. Am 9. Juni 1989 und 1. November 1991 wurden die Statuten geändert. Der Sitz der Gesellschaft befand sich in … 1, …, das voll liberierte Aktienkapital betrug 50.000 Schweizer Franken (Sfrs). C D war Mitglied des Verwaltungsrates. Wegen der Einzelheiten wird auf den Handelsregisterauszug (FG-Abl. 131) Bezug genommen.
Die Gesellschaft befasste sich mit dem Handel von Flugzeugen und Flugzeugteilen auf zivilem und militärischem Gebiet. Der Kläger war weltweit tätig und führte sowohl die Verhandlungen bezüglich des Ankaufs bei Lieferanten, als auch mit Kunden bezüglich des Verkaufes von Flugzeugteilen und Flugzeugen. Sowohl die Einkäufe als auch die Verkäufe fanden international statt. Die Kunden waren schwerpunktmäßig im nahen und fernen Osten angesiedelt, wobei es sich teilweise um staatliche, halbstaatliche und zivile Luftfahrtorganisationen handelte. Die C AG hatte eine Militärlizenz, die sie nach Schweizer Recht berechtigte, auch militärisch brauchbare Güter zu exportieren. Hierfür musste sie bei einer Genehmigungsbehörde in der Schweiz entsprechende Listen mit den zu exportierenden Gütern vorlegen, wobei die Schweizer Behörde dann die Ausfuhr genehmigte oder ablehnte. Diese Genehmigungen wurden eingereicht, bevor überhaupt Gespräche mit potentiellen Kunden oder Lieferanten stattfanden. Während der Kläger im Wesentlichen reiste und die Verhandlungen führte, erfolgte die administrative Abwicklung durch zwei bis drei Mitarbeiter, die teilweise auch kleinere zivile Geschäfte erledigten.
Der Kläger gab für das Streitjahr 1999 seine Einkommensteuererklärung am 12. März 2001 ab und erklärte Einkünfte aus Restzahlungen eines Darlehens aus dem Jahr 1993 i.H.v. 34.399 DM und Einkünfte nach Art. 15 Abs. 4 DBA i.H.v. 75.931 DM. Bei dem Darlehen handelte es sich um Lohnbestandteile, die zunächst nicht ausgezahlt wurden, sondern in der Bilanz der Firma des Arbeitgebers als Verbindlichkeiten ausgewiesen wurden. Eine Auszahlung erfolgte nach einer Erläuterung nicht, da die Firma C AG wegen des Golfkrieges zunächst in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei. Der genannte Betrag ist eine Teilrückzahlung aus diesem Darlehen. Nach dem vorgelegten Lohnausweis der C AG erzielte der Kläger einen Brut...