Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei der Prüfung der Grenzgängereigenschaft keine Berücksichtigung von Geschäftsreisen im Ansässigkeitsstaat Deutschland als Nichtrückkehrtage i. S. von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Begriff des Grenzgängers (Grenzgängerstatus) i.S. des DBA-Schweiz 1971/1989 gehört, dass der Arbeitnehmer regelmäßig die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz in beide Richtungen überquert. Die Grenzgängereigenschaft eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers hängt damit nicht allein von der regelmäßigen Rückkehr nach Arbeitsende aus dem Arbeitsort in der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland (dem Wohnsitzstaat/Ansässigkeitsstaat) ab.

2. Bei der Überprüfung, ob ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund seiner Beschäftigung bei einem Schweizer Arbeitgeber nicht an seinen Wohnsitz in Deutschland zurückgekehrt ist und deshalb nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1989 nicht als Grenzgänger zu besteuern ist, sind Tage, an denen der Arbeitnehmer nicht in der Schweiz gearbeitet, sondern Geschäftsreisen in seinem Ansässigkeitsstaat Deutschland unternommen hat, nicht als Nichtrückkehrtage zu berücksichtigen (gegen generelle Vereinbarung zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der Schweizerischen Eidgenössischen Steuerverwaltung).

 

Normenkette

DBA CHE 1971/1989 Art. 15 Abs. 4; DBA CHE 1971/1989 Art. 15a Abs. 1 S. 1; DBA CHE 1971/1989 Art. 15a Abs. 2 S. 1; DBA CHE 1971/1989 Art. 15a Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die für den Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Krankengymnastin. Der Kläger gibt in der Einkommensteuererklärung als ausgeübten Beruf Handlungsbevollmächtigter an (Zeile 4 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung, Bl. 7 der Einkommensteuerakten Band I – im folgenden: ESt-Akten –). Nach dem Schreiben vom 25. November 2003 der Arbeitgeberin des Klägers, der U.-AG mit Sitz in …/CH, (im folgenden: U.-AG bzw. Arbeitgeberin) war der Kläger „Bereichsleiter der C L” (Bl. 14 der ESt-Akten; Hinweis im übrigen auf die Angaben im Lohnausweis vom 9. Januar 2003, links oben, Bl. 13 der ESt-Akten).

Lt. dem Anstellungsvertrag vom 20. Dezember 2001, der zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, war der Kläger im Streitjahr für die U.-AG tätig und zwar als Bereichsleiter im Bereich C. L., und er war dem für diesen Bereich zuständigen Mitglied der Geschäftsleitung unterstellt. Der Kläger hatte Kollektivunterschrift zu zweien (Hinweis auf § 1 des Anstellungsvertrages). Am 17. August 2001 wurde die Zeichnungsberechtigung des Klägers zur Kollektivunterschrift zu zweien im Handelsregister des Kantons … eingetragen (Hinweis in diesem Zusammenhang auf den Lohnausweis für 2001, nach dem der Kläger seit dem 1. Januar 2001 für die U.-AG tätig war). Der Aufforderung des Finanzgerichts – FG –, die Statuten und das Organisationsreglement der U.-AG vorzulegen, kam der Kläger nicht nach, weil diese die U.-AG nicht vorlegen will (Hinweis auf das Schreiben der Kläger vom 14. August 2008). Ebenso wenig wurde die Zuerkennung der Zeichnungsberechtigung durch den maßgeblichen Beschluss des Verwaltungsrates der U.-AG dem FG vorgelegt. Im Schreiben der U.-AG vom 11. August 2008 wurde lediglich mitgeteilt, dass der Verwaltungsrat der U.-AG über Zeichnungsberechtigungen, welche im Handelsregister eingetragen werden, entscheidet. Nach den Unterlagen, die gemäß Art. 720 in Verbindung mit Art. 932 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 – OR – bei der Eintragung einer Zeichnungsberechtigung vorzulegen sind, ergibt sich – wie bereits zuvor dargelegt –, dass sämtliche (drei) Verwaltungsratsmitglieder der U.-AG, C. C., D. D. und E. E. die Zeichnungsberechtigung des Klägers zur Kollektivunterschrift zu zweien zur Eintragung ins Schweizerische Handelsregister angemeldet haben (Hinweis im übrigen auf den – den Beteiligten zur Verfügung gestellten Handelsregisterauszug – Handelsregisterauszug von … Bl. 47–56 der FG-Akten).

Der Kläger arbeitete im Streitjahr bei der U.-AG als Disponent. Er fertigte Großangebote, mietete Lagerflächen an und war für die Logistik u.a. im Bereich der Binnenschifffahrt zuständig.

In der am 3. Dezember 2003 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingereichten Einkommensteuererklärung gingen die Kläger davon aus, dass der Kläger weder als Grenzgänger im Sinne des Art. 15 a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl. II 1971, 1021, BStBl. I 1972, 519) in der Fassung des Protokolls vom 17. Oktober 1989 (BGBl. II 1993, 1886, BStBl. I 1993, 927) – DBA-Schweiz 1971/1989 – mi...

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