Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaß von Kirchensteuer 1989

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf … DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) ist mit Wirkung zum 31. August 1989 aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Nach ihrem Kirchenaustritt erzielte sie einen Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb.

Im Einkommensteuer (ESt)-Bescheid für 1989 vom 21. August 1991 hat das für ihre Ertragsteuerveranlagung zuständige Finanzamt (FA) … ESt abzüglich einer Ermäßigung nach §§ 16, 17 Berlinförderungsgesetz im Betrag von … DM festgesetzt. Darin ist ein nach § 34 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigter Veräußerungsgewinn von … DM mit einem Steuerbetrag von … DM enthalten. Zugleich hat das FA die Kirchensteuer (KiSt) nach Abzug eines Kinderfreibetrags aus einer Bemessungsgrundlagen von … DM mit 8 v. H., umgerechnet auf 8 Monate, im Betrag von … DM festgesetzt.

Diese KiSt-Festsetzung ist von der Klin durch Klage angefochten worden; der Anfechtungsrechtsstreit ist bei den Außensenate Freiburg unter dem Aktenzeichen 3 K 310/91 anhängig.

Mit Schriftsatz vom 4. Februar 1992 hat die Klin beim Beklagten (Bekl) Antrag auf Billigkeitserlaß gestellt, mit dem sie begehrte, die KiSt bis auf einen Restbetrag von … DM zu erlassen, indem die auf den Veräußerungsgewinn entfallende ESt-Bemessungsgrundlage in vollem Umfang ausgeschieden wird.

Mit Verfügung vom 19. Februar 1992 hat der Bekl einen Betrag von … DM erlassen und das FA … angewiesen, den Erlaßbetrag kassenmäßig zu berücksichtigen.

Nachdem am 24. November 1992 ein geänderter, vorläufiger Bescheid für 1989 ergangen war, in dem die KiSt unverändert mit dem Betrag von … DM festgesetzt worden war, erging nach mehreren fernmündlichen Rücksprachen zwischen dem Prozeßbevollmächtigten der Klin und dem Bekl am 12. Juli 1994 ein Bescheid, mit dem ein weiterer Erlaß von KiSt abgelehnt worden ist.

Darin ist der Bekl davon ausgegangen, daß auch Einkünfte, die nach Kirchenaustritt angefallen sind, grundsätzlich in die Bemessungsgrundlage für die KiSt einzubeziehen seien; nach § 7 Abs. 1 Satz 4 Kirchensteuergesetz Baden-Württemberg (KiStGBW) sei für die Kalendermonate, in denen die Steuerpflicht gegeben sei, je 1/12 des Betrages zu erheben, der sich bei ganzjähriger Steuerpflicht als KiSt-Jahresschuld ergebe. Diese Zwölftelungsvorschrift gelte auch für Veräußerungsgewinne, die erst nach Kirchenaustritt einkommensteuerlich entstanden seien. Das ergebe sich sowohl aus der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 Satz 4 KiStGBW, die bezüglich der Anwendung der Regelung nicht differenziere; zum anderen sei die Zwölftelungsmethode sowohl vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 12. Februar 1988 8 C 16/86 als auch von der Vorinstanz, dem OVG Lüneburg, in dessen Urteil vom 16. Oktober 1985 13 OVGA 19/85 auf Fälle mit Veräußerungsgewinnen nach § 14 EStG angewendet worden.

Auch das Finanzgericht Baden-Württemberg habe im Urteil vom 9. Dezember 1988 IX K 22/84 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg, des Verwaltungsgerichts Stade und des Finanzgerichts Bremen im Urteil vom 30. April 1987 II 120/85 K die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KiStGBW für verfassungswidrig erachtet und ausgeführt, daß die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KiStGBW auch dann gelte, wenn das vom Steuerpflichtigen während des Kalenderjahres erzielte Einkommen nicht immer gleich hoch sei und nach dem Kirchenaustritt noch erhebliche Einkünfte anfielen. Diese Rechtsprechung entspreche auch dem, was das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt habe, daß nämlich der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Normen erlassen dürfe, um die Besteuerung zu vereinfachen und die Gesetze vollziehbar zu machen.

Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht in der herangezogenen Entscheidung unter Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine verfassungsmäßige Pflicht der Kirchen erkannt, die festgesetzte KiSt im Wege eines Billigkeitserlasses nach § 227 Abgabenordnung (AO) zu reduzieren und zwar auf eine dem Steuerpflichtigen zuzumutende und billige Höhe.

Selbst wenn man die auf der Grundlage der Zwölftelungsregelung festgesetzte KiSt von … DM als von der Höhe her sachwidrig betrachten würde, so sei mit dem bereits ausgesprochenen Erlaß der Hälfte der KiSt-Schuld, die das FA. … festgesetzt habe, den Kriterien der Zumutbarkeit und Billigkeit entsprochen.

Da durch die Zwölftelungsmethode dem aus der Kirche ausgetretenen für den Zeitraum seiner KiSt-Pflicht nicht höhere Steuern auferlegt würden, als er für einen solchen Zeitraum zu zahlen hätte, wäre er nicht aus der Kirche ausgetreten, sei es sachgerecht, die KiSt-Belastung nur in dem Umfang zu erlassen, der allgemein beim Vorliegen tarifbegünstigter Einkünfte zu einer Minderung der Steuerschuld führe.

Gegen die am 16. Juli 1994 mit Postzustellungsurkunde zugestellte Ablehnungsverfügung hat die Klin am 22. Juli 1994 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf einen umfänglicheren Billigk...

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