Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb eines Klärwerks in öffentlich-privater Partnerschaft. Grunderwerbsteuerbefreiung bei Rückerwerb des Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Sinn und Zweck von § 4 Nr. 5 GrEStG ist darauf gerichtet, dass für die als förderungswürdig angesehenen Projekte die Steuerbefreiung gewährt werden sollte, um die Projekte nicht unnötig zu belasten, und die Eingehung von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) zu fördern. Förderungswürdig ist eine ÖPP, wenn sie der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe dient und sichergestellt ist, dass das vom Hoheitsträger zeitlich befristet auf einen Privaten übertragene Grundstück mit der Beendigung der Aufgabenwahrnehmung durch den Privaten an den Hoheitsträger rückübertragen wird.

2. Der Rückerwerb eines Grundstücks, das vom Hoheitsträger durch Vereinbarung eines zeitlich befristeten Erbbaurechts zum Betrieb eines Klärwerks auf einen Privaten übertragen worden war, mit der Beendigung der Aufgabenwahrnehmung durch den Privaten ist nach § 4 Nr. 5 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

 

Normenkette

GrEStG § 4 Nr. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.04.2019; Aktenzeichen II R 16/17)

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid vom 04.02.2014 in der Fassung des Bescheides vom 27.03.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 wird die Grunderwerbsteuer auf 0,– EUR festgesetzt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung des Beklagten durch Bescheid vom 4. Februar 2014, geändert am 27. März 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2015. Die Festsetzung erfolgte für den Erwerb eines Erbbaurechts durch die Klägerin von der B… KG mit Vertrag vom 26. November 2012.

Die Klägerin ist als Anstalt des öffentlichen Rechts zur Entsorgung des in C… anfallenden Abwassers verpflichtet. Das hierfür erstellte Klärwerk befindet sich auf einem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstück in D…, eingetragen im Grundbuch von D… beim Amtsgerichts E…, Bl. 132, Gemarkung D…, Flur 3, es handelt sich um die Flurstücke:

Flurstücke 42 mit 4511 m²,

Flurstück 43 mit 87.800 m²,

Flurstück 44 mit 196.986 m² und

Flurstück 45 mit 920.357 m², insgesamt 1.209.654 m².

Zum Zwecke des Ausbaus und der Modernisierung des Klärwerks (voraussichtliche Gesamtinvestitionskosten i.H.v. 1,2 Mio DM) schloss die Klägerin mit der B… KG, einer Publikums KG mit mehr als 3000 Anlegern, durch notariellen Vertrag vom 20. Dezember 1996 (Urkunden-Nr. …/96 des Notars F…) durch 5 Vertragsanlagen verschiedene Vereinbarungen.

Gemäß Anl. 1 des Vertrages wurde für die B… KG ein Erbbaurecht an den Flurstücken 42, 43 und 45 sowie an einer noch zu vermessenden Teilfläche von etwa 138.000 m² aus dem Flurstück 44 bestellt, das zum 31. Dezember 2036 (40 Jahre) endete. Durch den Vertrag wurde die Erbbauberechtigte unter anderen verpflichtet, alle baulichen Anlagen auf dem Gelände in einem guten und den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zustand zu erhalten. Die Bauwerke und sonstigen Anlagen durften ohne schriftliche Einwilligung der Grundstückseigentümerin weder ganz noch teilweise abgebrochen oder wesentlich verändert werden. Als Gegenleistung hatte die Erbbauberechtigte gemäß § 6 des Vertrages für die Einräumung des Erbbaurechts samt aufstehenden Aufbauten (Kläranlage) für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2013 an die Grundstückseigentümerin einen Betrag von 555.460.807 DM zu entrichten, die mit 12.890.000 DM auf die Einräumung des Erbbaurechts und mit 542.570.807 DM auf die aufstehenden Bauten (Kläranlage) entfallen sollten. Für den Zeitpunkt der planmäßigen Beendigung des (durch Anl. 4 vereinbarten) Entsorgungsvertrages sollte die Erbbauberechtigte ab dem 1. Januar 2014 verpflichtet sein, einen laufenden Erbbauzins i.H.v. 5 % des Verkehrswerts des Grundstücks nebst Bebauung an die Grundstückseigentümerin zu zahlen (Anl. 1 § 6 Ziffer 2). Die Bedingungen eines vorzeitigen Heimfalls wurden in § 10 des Vertrages geregelt. Für den Fall der Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf sollte der Erbbauberechtigten eine Entschädigung und Ausgleichsanspruch gemäß § 12 des Vertrages zustehen.

Mit Anl. 2 wurde ein Kaufangebot des Inhalts unterbreitet, dass zum 31. Dezember 2013 (Andienungszeitpunkt) mit Annahmefrist spätestens zum 31. Dezember 2012 die Klägerin (als Käuferin) der B… KG (als Erbbauberechtigter und Verkäuferin) ein Kaufangebot für das Erbbaurecht zum voraussichtlichen Restkaufwert des Kaufgegenstandes zum Andienungszeitpunkt i.H.v. 386.237.241 DM anbiete. Auf die weiteren vertraglichen Vereinbarungen wird Bezug genommen.

Mit notariellem Vertrag vom 26. November 2012 (Urkunden Nr. …/2012 de...

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