Entscheidungsstichwort (Thema)

Im Jahr 2023 von einem Rechtsanwalt per Fax beim Finanzgericht eingereichte Klage unwirksam. nicht auf § 52d FGO hinweisende Rechtsbehelfsbelehrung einer Einspruchsentscheidung nicht unrichtig im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine im Jahr 2023 von einem Rechtswalt beim Finanzgericht nicht über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), sondern durch ein Telefax eingereichte Klage führt zur Unwirksamkeit der Klageerhebung.

2. Eine Rechtsbehelfsbelehrung zur Einspruchsentscheidung, die bezüglich der Erhebung der Klage als elektronisches Dokument lediglich auf § 52a FGO, nicht aber auf § 52d FGO hinweist, ist nicht unrichtig im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO, da ein Hinweis auf die für bestimmte Vertretungsberechtigte geltende Verpflichtung, eine Klage und ihre Begründung an das Finanzgericht ausschließlich als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 52d FGO), nicht zu den nach § 55 Abs. 1 FGO zwingend vorgeschriebenen Angaben einer Rechtsbehelfsbelehrung gehört.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1 S. 1, § 52a Abs. 1, 3, § 52d S. 1, § 55 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Klage.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2018 bis 2021 eine Shisha-Bar in C…, B…-straße. Im Zeitraum 1. August bis 8. Dezember 2022 führte der Beklagte in dem Betrieb eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung erließ der Beklagte am 26. Mai 2023 einen u. a. auf § 42d Abs. 1 Satz 1 des EinkommensteuergesetzesEStG – gestützten Lohnsteuer-Haftungs- und Nachforderungsbescheid über insgesamt 46 446,40 EUR.

Gegen den vorgenannten Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb und vom Beklagten mittels Einspruchsentscheidung vom 9. November 2023 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Einspruchsentscheidung wurde an den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers als dessen Verfahrensbevollmächtigten adressiert und am 9. November 2023 als einfacher Brief zur Post gegeben. Die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende der Einspruchsentscheidung hat folgenden Wortlaut:

„Gegen diese Entscheidung kann Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Von-Schön-Str. 10 in 03050 Cottbus, erhoben werden. Die Klage ist schriftlich zu erheben oder zur Niederschrift beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Finanzgerichts zu erklären und ist gegen das auf Seite 1 bezeichnete Finanzamt zu richten.

Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Entscheidung bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei Zustellung mit Postzustellungsurkunde oder gegen Empfangsbekenntnis ist der Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung.

Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei dem auf Seite 1 bezeichneten Finanzamt innerhalb der Frist angebracht oder zur Niederschrift gegeben wird. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, den angefochtenen Verwaltungsakt und die Einspruchsentscheidung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Ihr sollen Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

Die Klageschrift soll in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden; dies gilt nicht, wenn die Klage als elektronisches Dokument eingereicht wird. Die Voraussetzungen zur elektronischen Einreichung regelt § 52 a der Finanzgerichtsordnung. Nähere Informationen hierzu sind im Internet unter http://ww.erv.brandenburg.de erhältlich”.

Die Einspruchsentscheidung ging am 11. November 2023 im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein (vgl. Eingangsstempel auf der Einspruchsentscheidung, Bl. 3 d. A.).

Der Kläger erhob daraufhin per Schriftsatz seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 11. Dezember 2023 Klage. Der Schriftsatz wurde per Telefax versendet und ging am 11. Dezember 2023 beim Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg ein. Über der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten findet sich der Zusatz „(nur per beA bzw. vorab per Telefax)”. Weiter heißt es in dem Schriftsatz: „Die Begründung der Klage reiche ich unverzüglich nach Einsichtnahme in den Finanzamtsvorgang nach.”

Daraufhin versandte das FG am 18. Dezember 2023 eine entsprechende Eingangsbestätigung. In diesem Schreiben heißt es u.a.: „Bis einschließlich 13. Dezember 2023 liegt Ihre Klage dem Gericht nicht in der Form der §§ 52a, 52d FGO vor, sondern lediglich per Fax. Bitte nehmen Sie unverzüglich zur Zulässigkeit Ihrer Klage Stellung”.

Am 15. Januar 2024 ging ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers...

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