Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht der Aufwandsentschädigung einer ehrenamtlich als Bürgermeisterin und in kommunalen Ausschüssen tätigen Steuerpflichtigen. Konkurrenz der Regelungen in den LStR 1999 zu der pauschalen Steuerfreistellung der Aufwandsentschädigung für Bürgermeister durch Erlass der obersten Finanzbehörden
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist die Steuerpflichtige ehrenamtlich als Bürgermeisterin einer Gemeinde mit weniger als 20.000 Einwohnern, Vorsitzende des Hauptsausschusses und Mitglied im Amtsausschuss jeweils im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung tätig und erhält sie hierfür Aufwandsentschädigungen, erzielt sie dadurch Einkünfte aus „sonstiger selbstständiger Arbeit” i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG; die ehrenamtliche Ausübung dieser Ämter führt nicht zum Entfallen der für die Einkünfteerzielung erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht.
2. Für die Frage, in welchem Umfang die Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerbefreit ist, ist eine vom Finanzministerium des Bundeslandes im Einvernehmen mit dem BMF und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder getroffene Regelung, wonach ein ehrenamtlicher Bürgermeister den dreifachen Höchstbetrag eines ehrenamtlichen Mitglieds einer Gemeindevertretung von 2.100,– DM jährlich (bei höchstens 20.000 Einwohnern), mithin 6.300,– DM als steuerfrei beziehen kann, vorrangig vor den LStR. Ein Anspruch der Steuerpflichtigen darauf, dass von den von ihr im Jahr 1999 bezogenen Aufwandsentschädigungen i. H. von insgesamt 19.590 DM mehr als 6.300 DM steuerfrei belassen werden, ergibt sich auch nicht aus Abschn. 13 Abs. 4 der LStR 1999; er kann nur durch Einzelnachweis tatsächlich angefallener höherer Betriebsausgaben begründet werden.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, § 15 Abs. 2, § 3 Nr. 12 Sätze 1-2; LStR 1999 Abschn. 13 Abs. 4 Sätze 2-5
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin wurde aufgrund der eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit Bescheid vom 10.01.2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 1999 gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann auf 34.470,– DM fest. Hiergegen erhoben diese am 24.01.2001 wegen der Nichtberücksichtigung eines Kinderfreibetrages Einspruch.
Aufgrund des Eingangs von Kontrollmaterial erhielt der Beklagte Kenntnis darüber, dass die Klägerin als ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Z. im Streitjahr Aufwandsentschädigungen in Höhe von insgesamt 19.590,– DM erhalten hatte, die sich wie folgt zusammensetzten:
Art: |
Zeitraum: |
Monatlich DM: |
Summe DM: |
Bürgermeisterentschädigung |
Jan. bis Dez. 1999 |
1.100,00 |
13.200,00 |
Vorsitzende des Hauptausschusses |
Jan. bis Dez. 1999 |
300,00 |
3.600,00 |
Sitzungsgelder |
Jan. bis Dez. 1999 |
|
1.300,00 |
Mitgliedschaft im Amtsausschuss |
Jan. bis Dez. 1999 |
|
1.490,00 |
Gesamt: |
|
|
19.590,00 |
Dem Kontrollmaterial lag ein Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin an die Strafund Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes Y. vom 12.05.2003 bei, in dem dieser die Auffassung vertrat, die Aufwandsentschädigungen seien gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei.
In einem Schreiben vom 12.06.2003 teilte der Beklagten der Klägerin mit, er werde dem Einspruchsbegehren entsprechen, auf Grund des Kontrollmateriales jedoch Einkünfte bei ihr mit einem Betrag von 13.290,– DM zum Ansatz bringen; auf die Möglichkeit einer Verböserung im Einspruchsverfahren wurde hingewiesen. Die Berufung auf § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG könne nicht nachvollzogen werden, weil die Vorschrift nur Bezüge betreffe, die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt würden, während es hier um kommunale Mittel ginge. In Anlehnung an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen sowie die hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen sei ein Betrag von 6.300,– DM steuerfrei zu belassen, weil die Gemeinde Z. nicht mehr als 20.000 Einwohner habe und die Klägerin
zugleich Vorsitzende der Gemeindevertretung sei. Es stehe ihr frei nachzuweisen, dass ihr im Zusammenhang mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit höhere tatsächliche Aufwendungen entstanden seien.
Mit Schreiben vom 25.08.2003 erwiderte die Klägerin darauf, die Zahlung der genannten Vergütungen sei gemäß § 37 Abs. 4 und 5 der Gemeindeordnung des Landes A. (GO) in Verbindung mit der Entschädigungssatzung der Gemeinde Z. und das Amtes X. erfolgt. Nach den vorliegenden Informationen seien die Entschädigungen in den Haushaltsplänen der Gemeinde und des Amtes ausgewiesen, so dass von einer Entschädigung im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG auszugehen sei, dessen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Soweit die Entschädigungen nur steuerfrei seien, als sie nicht den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar überstiegen, sei hier R 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sinngemäß anzuwenden. Danach werde bei ehrenamtlich tätigen Personen aus Vereinfachungsgründe...