Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinsen aus der Darlehensvergabe einer im Bereich der häuslichen bzw. stationären Pflege tätigen GmbH an zur selben Unternehmensgruppe gehörende Schwestergesellschaften nicht nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG steuerbefreit
Leitsatz (redaktionell)
1. § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG enthält keine unbeschränkte persönliche Steuerbefreiung. Von der Gewerbesteuer befreit werden vielmehr nur die aus dem Betrieb der Einrichtung resultierenden Erträge. Soweit der Träger der Einrichtung außerhalb derselben Erträge erzielt, unterliegen diese der Gewerbesteuer. Bei der Abgrenzung ist nicht zwischen gegenstands- oder tätigkeitsbezogener Abgrenzung zu unterscheiden. Die Begriffe sind synonym zu verstehen (Anschluss an BFH, Urteil v. 1.9.2021, III R 20/19, BStBl 2022 II S. 83).
2. Der Betreiber einer Einrichtung im Sinne des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG ist nur insoweit von der Gewerbesteuer befreit, als die Tätigkeit der von ihm betriebenen Einrichtung die Voraussetzungen der jeweiligen Befreiungsvorschrift erfüllt oder als die Tätigkeit für die betreffende Einrichtung erforderlich ist.
3. Gibt eine im Bereich der stationären und häuslichen Pflege tätige, grundsätzlich unter § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG fallende GmbH anderen, überwiegend ebenfalls in diesem Bereich tätigen, zur selben Unternehmensgruppe gehörenden Schwesterkapitalgesellschaften Darlehen, so ist sie mit den für die Darlehen erhaltenen Zinsen partiell gewerbesteuerpflichtig. Die steuerpflichtigen Zinsen sind nicht um gezahlte Darlehenszinsen für von der GmbH selbst aufgenommene Darlehen zu kürzen, die sie zur Finanzierung von im steuerbefreiten Bereich nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG angefallenen Aufwendungen verwendet hat.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. d
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Reichweite der Gewerbesteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 20 d) Gewerbesteuergesetz – GewStG – bezogen auf Zinserträge, Zinsaufwendungen und Verluste aus der Veräußerung von Anlagevermögen in den Streitjahren 2013 bis 2015.
Die Klägerin ist eine im Jahr 2005 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts B… zum Aktenzeichen HRB … eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gegenstand laut Handelsregister das Betreiben von Hauskrankenpflegediensten, Kurzzeitpflegeeinrichtungen sowie sämtlicher damit zusammenhängender und den Gesellschaftszweck fördernden Geschäfte ist.
Aufgrund der diesem Gesellschaftszweck entsprechenden Tätigkeit in den Streitjahren besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die Klägerin eine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im Sinne des § 3 Nr. 20 d) GewStG betreibt. Darüber hinaus besteht Einigkeit darüber, dass die Pflegekosten dieser Einrichtung in allen hier betroffenen Streitjahren in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum Teil getragen worden sind.
Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist Herr C… (nachfolgend: der Gesellschaftergeschäftsführer). Der Gesellschaftergeschäftsführer war in den Streitjahren gleichzeitig Alleingesellschafter von 15 anderen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstände sich überwiegend, aber nicht ausschließlich im Bereich der stationären oder ambulanten Pflege befanden (zusammen: die C…-Gruppe).
Zwischen den verschiedenen Unternehmen der C…-Gruppe wurden in den Streitjahren verschiedene, festverzinsliche Darlehen gewährt. Trotz Anforderung des Berichterstatters in hiesigem Verfahren zur Vorlage aller Darlehensverträge sind nur solche Darlehensverträge aus den Streitjahren vorgelegt worden, in denen die Klägerin als Darlehensnehmerin auftrat. Alle aus den Streitjahren vorgelegten Darlehensverträge weisen die Gemeinsamkeit auf, dass in § 2 der Verträge unter „Konditionen und Kosten” ein Festzinssatz in Höhe von 1 % p.a. auf die Darlehensvaluta vereinbart worden war. Außerdem sollten die Zinsen jährlich zum 31.12. auf das Konto des jeweiligen Darlehensgebers überwiesen werden. Ausdrücklich vereinbarte Verwendungszwecke waren in den vorgelegten Verträgen: „Lohnzahlung/Zahlung von Sozialabgaben”, die „Lohnzahlung/Sozialabgaben/Arbeitsschutz”, die „Zahlung Fortbildung Mitarbeiter” oder die „Lohnzahlung/Leasingpersonal”.
Zwischen den Beteiligten ist der Höhe nach unstreitig, dass die Klägerin in den Streitjahren die nachfolgenden Zinserträge aus Darlehen gegenüber verbundenen Unternehmen erzielte (#5100 bzw. #5110):
|
2013 |
2014 |
2015 |
#5100 |
EUR 6.345,17 |
– |
– |
#5110 |
– |
EUR 1.139,– |
EUR 33.827,– |
Summe Zinserträge |
EUR 6.345,17 |
EUR 1.139,– |
EUR 33.827,– |
Zwischen den Beteiligten ist dem Grunde und der Höhe nach ebenso unstreitig, dass die Klägerin aus Darlehensverträgen mit verbundenen Unternehmen in den Streitjahren die nachfolgenden Zinsaufwendungen trug (#7200 bzw. #7209):
|
2013 |
2014 |
2015 |
#7200 |
EUR 4.954,54 |
– |
– |
#7209 |
– |
EUR 1.188,76 |
EUR 21.908,74 |
Summe Zinsa... |