Entscheidungsstichwort (Thema)
Inanspruchnahme des Abtretungsempfängers für Erstattung zu Unrecht vergüteter bzw. erstatteter Steuern
Leitsatz (redaktionell)
Im Falle einer wirksamen Abtretung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs und einer Auszahlung an den Abtretungsempfänger kann die Finanzverwaltung nur den Abtretungsempfänger für die Erstattung zu Unrecht vergüteter bzw. erstatteter Steuern in Anspruch nehmen.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet und wurden für 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger als Geschäftsführer und die Klägerin als Angestellte des Gebäudereinigungsbetriebs xxx GmbH. Der Kläger wies in der Einkommensteuererklärung für 1992 auch einen gewerblichen Verlust von 600.000,00 DM, und zwar aus der xxx GbR, (im Folgenden: GbR) aus. Das Finanzamt C. setzte die Einkommensteuer 1992 mit Bescheid vom 26. Juli 1993 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß auf 57.884,00 DM fest. Nach Anrechnung der einbehaltenen Abzugsteuern ergab sich für 1992 ein Guthaben von insgesamt 335.543,05 DM. Dieses Guthaben überwies das Finanzamt C. aufgrund der ihm am 5. Juli 1993 eingereichten - und worüber zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich mit Recht kein Streit mehr besteht - wirksamen Abtretungserklärung der Kläger vom 1. Juli 1993 zur Verrechnung mit sämtlichen noch ausstehenden Steuerschulden ohne Säumnis- und Verspätungszuschläge der xxx GmbH an das Finanzamt B.
Durch Bescheid vom 19. Januar 1994 setzte das Finanzamt C. die Einkommensteuer für 1992 geändert auf 321.297 DM fest, wobei es aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts D. den Verlust aus der Beteiligung an der GbR nicht mehr anerkannte. Aus diesem Bescheid, in dessen Abrechnungsteil der aufgrund der Abtretung an das Finanzamt B. überwiesene Betrag als bereits getilgt ausgewiesen war, ergab sich eine zum 22. Februar 1994 fällige Abschlusszahlung für die Kläger von insgesamt 293.282,72 DM. Gegen den "Einkommensteuerbescheid 1992 vom 19.01.1994" legten die Kläger Einspruch ein.
Am 8. Oktober 2001 beantragten die Kläger beim nunmehr zuständig gewordenen Beklagten die Erteilung eines Abrechnungsbescheides. Sie machten zunächst geltend, dass sie kein Steuerguthaben erhalten hätten und dass für die Verrechnung mit Rückständen beim Finanzamt B. kein Grund bestanden habe, weil es keine wirksame Abtretung des Guthabens gebe.
Unter dem 30. April 2002 erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Abrechnungsbescheid, in dem er an das Finanzamt B. überwiesene Beträge von 333.518,00 DM Einkommensteuer, 895,09 DM Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer und 1.129,96 DM Kirchensteuer als erstattet auswies. Aufgrund dessen schuldeten die Kläger 249.851,18 DM Einkommensteuer, 11.860,72 DM Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer und 18.009,00 DM römisch-katholische Kirchensteuer.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach erfolglos gebliebenem Einspruch von den Klägern erhobene Klage, mit der sie sich nicht mehr gegen die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige wenden. Sie sind aber der Meinung, dass die im Einkommensteuer-Änderungsbescheid vorgenommene Anrechnung der an das Finanzamt B. überwiesenen Erstattungsbeträge keinen Eingang in den Abrechnungsbescheid hätten finden dürfen. Der Rückforderungsanspruch sei gegen den Zessionar, die xxx GmbH, zu richten. Zumindest habe der Beklagte sein Ermessen für eine Inanspruchnahme der Kläger nicht pflichtgemäß ausgeübt.
Die Kläger beantragen,
den Abrechnungsbescheid vom 30. April 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2002 dahingehend zu ändern, dass die an die xxx GmbH (Steuernummer xxx) abgetretenen und am 1. September 1993 an das Finanzamt B. überwiesenen Beträge von 333.518,00 DM Einkommensteuer, 895,09 DM Solidaritätszuschlag und 1.129,96 DM Kirchensteuer nicht als ihnen erstattet angerechnet werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Meinung, der Abrechnungsbescheid weise zu Recht einen Anspruch auf Rückgewähr der zu Unrecht vergüteten Steuern gegen die Kläger aus, obwohl die Kläger nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- in der seinerzeit geltenden Fassung nicht als Schuldner des sich aus der Herabsetzung des Erstattungsanspruchs ergebenden Rückforderungsanspruchs hätten in Anspruch genommen werden dürfen. Zum einen ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 15. April 1997 VII R 100/96, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1997, 787, dass die - von den Klägern nicht angefochtene - Anrechnungsverfügung im Steuerbescheid eine materiell-rechtliche Bindung für den Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO erzeuge, zum anderen begründe der Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheids in einem Fall wie dem vorliegenden einen selbständigen Anspruch gegen den Abtretenden, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO ankomme.
Dem Ger...