Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Anerkennung einer ohne Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers und ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung schenkweise begründeten atypisch stillen Gesellschaft zwischen minderjährigen Kindern und dem Einzelunternehmen des Vaters
Leitsatz (redaktionell)
Wird von minderjährigen Kindern mit dem Einzelunternehmen des Vaters, einem Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, eine atypisch stille Gesellschaft begründet und schenkt der Vater den Kindern jeweils die stille Einlage, so sind die im Schenkungsweg gewährten Beteiligungen an der (atypisch) stillen Gesellschaft nebst Einlage für die Kinder i. S. v. § 107 BGB lediglich rechtlich vorteilhaft. Die Gesellschaftsverträge bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit daher weder der Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers noch einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (gegen BFH, Urteil v. 28.11.1973, I R 101/72).
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; HGB § 230; BGB § 1629 Abs. 2, § 1909 Abs. 1, § 1643 Abs. 1, §§ 1795, 1822 Nr. 3, § 107; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 vom 25. Januar 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2007 werden aufgehoben.
Die Ablehnungsbescheide wegen des Antrags auf gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen zur Einkommensbesteuerung vom 26. Juni 2006 wegen 2004 und vom 5. Juli 2007 wegen 2005 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 18. Oktober 2007 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Feststellung wie beantragt durchzuführen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine (atypisch) stille Gesellschaft der Kläger zivilrechtlich wirksam begründet wurde.
Der Kläger zu 3), Einzelunternehmen B. Bauunternehmen, Inhaber D. B., erzielte in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte. Mit gleichlautenden Verträgen, jeweils vom 27. Dezember 2002, vereinbarte Herr D. B. mit seinen beiden Kindern, dem am 19. Dezember 1987 geborenen A. – Kläger zu 1) – und der am 25. Januar 1990 geborenen C. – Klägerin zu 2) –, dass diese zum 1. Januar 2003 (§ 13 Absatz 1 der Verträge) mit ihm eine stille Gesellschaft gründen. Die stillen Gesellschafter beteiligten sich jeweils mit einer Einlage i.H.v. 17.500 EUR (§ 2 Abs. 1 der Verträge) und erhielten eine Gewinnbeteiligung für die Streitjahre von jeweils 12,5 v.H. (§ 3 Abs. 1 der Verträge). Nach § 4 Abs. 1 der Verträge nehmen die Gesellschafter am der Verlust der Firma gemäß § 3 Abs. 1 der Verträge teil.
In § 7 der Verträge, der die Haftung des stillen Gesellschafters regelt, ist vereinbart, dass eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber Dritten ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der Beteiligung beschränkt ist.
Nach § 14 der Verträge erfolgt bei Ausscheiden eines stillen Gesellschafters eine Auseinandersetzung, bei der die stillen Reserven aufzulösen sind. Unterschrieben waren die Verträge von Herrn D. B. und zum einen durch den Kläger zu 1) und zum anderen durch die Klägerin zu 2) sowie jeweils durch einen Herrn E. F. aus T., der Vertrag und Unterschriften der Kläger zu 1) und zu 2) als „Ergänzungspfleger” „genehmigt”. Auf die Verträge vom 27. Dezember 2002 wird Bezug genommen. Im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss wurde am 30. Dezember 2003 die Einlagen der stillen Gesellschafter durch Schenkung des Herrn D. B. geleistet, indem von diesem eine Neueinlage (aus einer Auszahlung aus einem Bausparvertrag zwecks Sondertilgung eines betrieblichen Darlehens) auf die Einlagen der Kläger zu 1) und zu 2) umgebucht wurde.
Zwischen dem Kläger zu 3) und der X. Bau GmbH bestanden im Streitjahr aufgrund der Verpachtung von wesentlichen Betriebsgrundlagen (Baumaschinen) eine Betriebsaufspaltung und eine umsatzsteuerliche Organschaft.
In der Zeit vom 26. Juli 2005 bis 19. Dezember 2005 fand bei der B. Bauunternehmen atypisch stillen Gesellschaft mit den Beteiligten D., A. und C. B. eine Betriebsprüfung wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Gewerbesteuer 2003 statt. Im gleichen Zeitraum erfolgte bei Herrn D. B. eine Prüfung der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 2001 bis 2003.
Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die Verträge über die Gründung der (atypisch) stillen Gesellschaft mit den Kindern A. und C. B. im Prüfungszeitraum aufgrund der (schwebenden) zivilrechtlichen Unwirksamkeit steuerlich unbeachtlich seien und die Gesellschaft nicht...