Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlagebetrug. Scheinrenditen. Aussetzung der Vollziehung bzgl. Einkommensteuersteuer 1999 und 2000
Leitsatz (redaktionell)
Werden einem gutgläubigen Steuerpflichtigen, der einer Anlagegesellschaft Gelder anvertraut hat, um mittels Devisen- und Warentermingeschäften nicht steuerbare Gewinne zu erzielen, von der Gesellschaft „Gewinne” gutgeschrieben, obwohl diese die Mittel gar nicht bestimmungsgemäß eingesetzt, sondern im Rahmen eines Schneeballsystems zur Auszahlung an andere Anleger verwendet hat, fehlt es an der Erfüllung des Tatbestands der Einkunftserzielung. Bis zur Höhe des Anlagebetrags tatsächlich ausgezahlte „Gewinne” stellen sich als Kapitalrückzahlung dar.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nrn. 4, 7
Tenor
1. Die Vollziehung der Bescheide vom 18. August 2003 über Einkommensteuer für 1999 und 2000 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung insoweit ausgesetzt, als in ihnen je Ehegatte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 11.927 DM (1999) bzw. 30.310 DM (2000) erfasst sind. Der rechnerische Vollzug wird dem Antragsgegner übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO).
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind Eheleute, die beim Antragsgegner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der 1939 geborene Antragsteller war als Facharbeiter tätig, die 1940 geborene Antragstellerin ist Hausfrau.
Die Antragsteller haben am 25. April 1996 bei der 1985 gegründeten Fa. CTS GmbH – CTS –, deren Unternehmensgegenstand die Unternehmensberatung und die Vermittlung von Kapitalanlagen war, einen „Antrag auf Kontoeröffnung und Kontoführung” gestellt, in dem das Anlagekonto mit „Treuhandkonto Nr. 011981” angegeben war. Hierauf haben sie insgesamt 46.000 DM eingezahlt, die für Waren- und Devisentermingeschäfte an US-amerikanischen Börsen (lt. Auftragsbestätigung vom 29. April 1996: „Kontrakte US-Commodities”) verwendet werden sollten, deren Gewinne nach Auskunft des Geschäftsführers der Fa. CTS, Herr Klaus (gen. Claude) Josef K., nach einer Frist von mehr als sechs Monaten steuerfrei vereinnahmt werden könnten.
Die Vertragskonditionen der Fa. CTS (Stand: Mai 1985) sahen u.a. folgende Regelungen vor:
1. Der Kunde ermächtigt die CTS, Terminkontrakte an US-Börsen in seinem Namen und für seine Rechnung zu handeln. Die Ausführung des Handels obliegt während der gesamten Anlagezeit einzig und allein dem entsprechenden Brokerhaus.
2. Der Kunde verpflichtet sich, folgende Zahlungen zu leisten:
a) Mindesteinlage … [führt zu Sammelkonto]
b) oder Zahlung der vollen Summe, die für eine Kontoeröffnung beim Broker erforderlich ist. In diesem Falle wird für den Kunden beim Broker ein Einzelkonto unterhalten.
…
d) 30 % Beteiligung am erwirtschafteten Gewinn. Die Gewinnbeteiligung wird vor Auszahlung an den Kunden in Abzug gebracht.
3. Alle Terminkontrakte werden im Rahmen und für Rechnung des Kunden erworben.
…
4. …
a) Der Anlagebetrag ist vom Kunden direkt an den erwünschten Broker zu übersenden.
5. …
b) Die CTS haftet nicht für die Bonität der zur Platzierung beauftragten Broker.
…
7. Der Kunde ist grundsätzlich von jeglicher Nachzahlungspflicht frei.
8. a) …
Gleichzeitig erhält der Kunde jeweils einen schriftlichen Kontoauszug.
…
c) Durch schriftliche Anweisung kann der Kunde jederzeit die Auflösung seiner Anteile und die Auszahlung seines Guthabens verlangen, und zwar zum Monatsende des Kündigungseingangs.
9. Die CTS ist nicht berechtigt, Kundengelder (bare Zahlungsmittel, Schecks, Überweisungen) entgegenzunehmen. Sollten bei der CTS versehentlich Kundengelder eingehen, so werden diese Beträge sofort an den entsprechenden Broker weitergeleitet.
…
11. Differenzeinwand
(Hinweis auf § 764 BGB, § 96 Abs. 3, § 58 Börsengesetz etc.)
…
Mit Rundschreiben vom 16. September 1999 hat die Fa. CTS ihre Kunden davon in Kenntnis gesetzt, dass das im März 1999 verabschiedete und zum 1. Januar 1999 in Kraft getretene Steuerentlastungsgesetz (1999/2000/ 2002) dazu führe, dass auch Gewinne aus persönlichen Differenzgeschäften nach Berücksichtigung eines Freibetrag von 1.000 DM steuerpflichtig würden. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, über nichteuropäische Fonds bzw. Investmentanteile weiterhin nichtbesteuerte Gewinne zu erzielen. Die CTS habe deshalb in den USA einen Investmentfonds gegründet und schlage vor, die bisherige Anlagesumme darin einzubringen. „Wir können Ihnen gewährleisten, dass die Art der Handelsgeschäfte, sowie das Management Ihrer Anlage nach wie vor identisch sind und genauso fortgeführt werden, wie Sie dies in den letzten 17 Jahren von uns gewohnt waren, nur dass sich die Form der Abwicklung zukünftig ändern wird, und zwar derart, das Sie anstatt einer Abrechnung einzelner Handelsgeschäfte, eine Abrechnung über die Entwicklung eines Fonds erhalten werden.”
Der Zeichnungsprospekt der Fa. Intervelas Futures Trading Inc., datiert auf den 7. Juni 2000, sah u.a. vor:
6. Zeichnungsbeträge und Antragsabwicklung
Anleger könn...