Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1990 bis 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.01.2000; Aktenzeichen I R 30/99)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute und wohnten beide in den Streitjahren 1990 bis 1992 in Frankreich. Die Kläger war bei der Firma S. GmbH als Montageinspektor beschäftigt und arbeitete ausschließlich auf dem Betriebsgelände der Firma … in Ludwigshafen. Der Arbeitgeber des Klägers behielt von dessen Bruttoarbeitslohn Lohnsteuer ein. Die Klägerin bezog in den Streitjahren als Hausfrau keine Einkünfte.

Die Kläger beantragten mit Schreiben vom 20. Dezember 1995 zuerst bei Finanzamt Ludwigshafen und sodann beim Beklagten die Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1990 bis 1994. Laut den Einkommensteuererklärungen für diese Jahre bezog der Kläger außer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine weiteren Einnahmen.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 15. Mai 1997 für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung mit der Begründung ab, beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die wegen der Abgeltungswirkung des Lohnsteuerabzugs keinen Steuerbescheid erhalten hätten, könnten einen Antrag auf Durchführung der Veranlagung gemäß §§ 1 Abs. 3, 1a Einkommensteuergesetz –EStG– rückwirkend für die Veranlagungszeiträume vor 1996 lediglich innerhalb der Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG stellen. Da der Antrag jedoch erst am 20. Dezember 1995 eingegangen sei, sei diese Frist für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1992 überschritten.

Hiergegen legten die Kläger am 27. Mai 1997 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 1997 als unbegründet zurückwies.

Gegen diese Einspruchsentscheidung richtet sich die am 13. November 1997 erhobene Klage.

Mit dieser beantragen die Kläger sinngemäß,

unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 15. Mai 1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 1997 den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1990 bis 1992 durchzuführen.

Die Kläger machen geltend, § 1a EStG gelte grundsätzlich ab 1996, sei aber auf Antrag auch auf ältere, nicht bestandskräftige Veranlagungen anzuwenden. Da hinsichtlich der Streitjahre keine Verjährung eingetreten sei, müsse der Beklagte eine Veranlagung vornehmen.

Eine anderweitige Entscheidung als eine Stattgabe bezüglich des Klagebegehrens verstoße gegen europarechtliche Vorgaben, so daß eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu erfolgen habe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Beklagte macht unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Schleswig-Holstein vom 13. Mai 1998 II 979/96, EFG 1998, 1410 geltend, die gesetzliche Formulierung in § 52 Abs. 2 EStG besage, daß § 1 a EStG nur auf solche Fälle Anwendung finde, in denen bereits Steuerbescheide ergangen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Durchführung der Veranlagung für die Streitjahre 1990 bis 1992 abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Einkommensteuerveranlagung liegen nicht vor.

1. Nach der in den Streitjahren 1990 bis 1992 geltenden Fassung des § 46 Abs. 1 EStG wird dann, wenn das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, eine Veranlagung stets durchgeführt, wenn das Einkommen bestimmte Grenzen überschreitet. § 50 EStG sah jedoch Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige vor. Nach § 50 Abs. 5 EStG galt die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten.

Mit dem Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl. 1995 I, 1250) hat der Gesetzgeber die Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Personen wesentlich geändert. Nach § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 EStG können bestimmte beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragen und damit die Abgeltungswirkung der abgezogenen Lohnsteuer ausschließen. Grund für die Neuregelung war die Entscheidung des EuGH (vom 14. Februar 1995, C-279/93, HFR 1995, 282 -Schumacker), der es als Diskriminierung in verfahrensrechtlicher Hinsicht angesehen hatte, daß beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer durch die Abgeltungswirkung der Lohnsteuer von einer Veranlagung und damit einer möglichen Steuererstattung ausgeschlossen waren. Nach § 52 Abs. 31 EStG gilt für die Anwendung der Neuregelung § 52 Abs. 2 EStG entsprechend. Dort heißt es, die Neuregelung sei auf Antrag auch für Veranlagungszeiträume vor 1996 anzuwenden, „soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.”

Im Gleichlauf mit dieser Neuregelung wurden die Vorschriften der §§ 1 Ab...

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