Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis des nicht Einspruch einlegenden Ehegatten. Finanzierungskosten einer Kapitalanlage als Werbungskosten. Verspätungszuschläge in Erstattungsfällen. Änderung der Erstattungszinsen als Folge geänderter Steuerfestsetzungen. Einkommensteuer 1991 bis 1993 sowie Zinsen und Verspätungszuschlägen zur Einkommensteuer 1991 bis 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergeht gegen zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute eine Einspruchsentscheidung, obwohl nur einer der Ehegatten Einspruch eingelegt hat, ist der andere Ehegatte lediglich gegen die Einspruchsentscheidung (isoliert) klagebefugt.

2. Finanzierungskosten für die Anschaffung einer Kapitalanlage sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn mit der Anschaffung nicht die Realisierung steuerfreier Wertsteigerungen der Kapitalanlage, sondern ihre Nutzung zur Erzielung eines Einnahmenüberschusses bezweckt ist.

3. Verspätungszuschläge aus Anlass einer Schätzungsveranlagung können auch dann aufrechterhalten bleiben, wenn die nachgereichten Steuererklärungen zu erheblichen Erstattungen führen.

4. Soweit durch einen Änderungsbescheid die Steuer heraufgesetzt wird, müssen bislang festgesetzte Erstattungszinsen herabgesetzt werden. Hiergegen erhobene billigkeitsgestützte Einwände müssen im gesonderten Erlassverfahren nach § 227 AO verfolgt werden.

 

Normenkette

FGO § 44; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1; AO § 233a Abs. 3 S. 1, § 227

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 wird insoweit aufgehoben, als sie gegenüber der Klägerin wegen geänderter Einkommensteuer- und Zinsbescheide für 1991 bis 1993 vom 26. Mai 1998 ergangen ist.

Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu ¾ und dem Beklagten zu ¼ auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger wurden für 1991 bis 1993 vom Beklagten zusammen zu Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war geschäftsführender Gesellschafter der S. GmbH in W. und betrieb daneben in P. ein Steuerberaterbüro (Bl. 11). Seit 1994 führt er nur noch eine Einzelpraxis in W. (Bl. 29). Die Klägerin war nichtselbständig tätig (Bl. 53, 133, 205 ESt)

Da die Eheleute keine Einkommensteuererklärungen abgaben, veranlagte sie der Beklagte aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen durch Bescheide vom 9. Oktober 1995 zur Einkommensteuer 1991 sowie vom 19. Oktober 1995 zur Einkommensteuer 1992 und 1993 (Bl. 5 ff., 83 ff., 152 ff. ESt). Mit den Bescheiden für 1992 und 1993 waren jeweils Festsetzungen von Zinsen sowie von Verspätungszuschlägen über 1.500 bzw. 2.000 DM verbunden. Für 1991 wurde ein Verspätungszuschlag über 1.000 DM durch gesonderten Bescheid vom 19. Oktober 1995 festgesetzt (Bl. 13 ESt). Nachdem die Eheleute im Einspruchsverfahren die Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre nachgereicht hatten, wurden sie unter Aufrechterhaltung des Vorbehaltes der Nachprüfung durch geänderte Bescheide vom 3. Juni 1996 zunächst antragsgemäß zur Einkommensteuer 1991 bis 1993 veranlagt, was zu teilweise erheblichen (1992, 1993) Erstattungen führte. Die ebenfalls mit dem Einspruch angefochtenen (Bl. 18 Rb) bisherigen Festsetzungen der Verspätungszuschläge blieben bestehen (Bl. 67 ff., 142 ff., 211 ff. ESt).

In der Zeit vom 23. September 1996 bis 17. April 1998 führte der Beklagte – mit Unterbrechungen – in den P.-er Büroräumen des Klägers eine Betriebsprüfung durch. Diese erbrachte im Wesentlichen nur, dass die Kläger seit 1987 in größerem Umfang durch Bankkredite finanzierte Wertpapiere erworben hatten, deren Einzelerträge durchweg unter den jeweils dafür gezahlten Kreditzinsen lagen (Bl. 3 ff. Bp). In der Folge ergingen – diesem Prüfungsergebnis Rechnung tragend – unter Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung am 26. Mai 1998 nochmals geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Sie führten nunmehr zu niedrigeren Steuererstattungen und Erstattungszinsen, indem der Beklagte die erklärten Einkünfte aus dem fremdfinanzierten Kapitalvermögen und die hierwegen als Werbungskosten geltend gemachten Darlehenszinsen (Bl. 55, 132, 201 ESt) nicht mehr der Erwerbssphäre der Kläger zurechnete. Die bislang festgesetzten Verspätungszuschläge blieben weiterhin bestehen (Bl. 72 ff., 145 ff., 223 ff. ESt).

Durch an die Kläger gerichtete (Bl. 9, 14 f.) Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 (Bl. 9 ff.) wies der Beklagte die alleinigen Einsprüche des Klägers gegen die geänderten Einkommensteuer- und Zinsfestsetzungen 1991 bis 1993 vom 26. Mai 1998 (Bl. 33 f. Rb) und die Einsprüche beider Kläger gegen die 1995 festgesetzten Verspätungszuschläge als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 12. August 1999 erhobenen Klage beantragen die Kläger sinngemäß (Bl. 28 f.),

unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 und der geänderten Einkommensteuerbescheide vom 26. Mai 1998 die Einkommensteuer für 1991 bis 1993 unter Berücksichtigung der erklärten Kapitaleinkünfte und der hierzu geltend gemachten Werbungskosten festzusetzen sowie die Zinsfestsetzungen vom 26. Mai ...

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