rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung bei sachlich unrichtiger Begründung eines Steuerbescheids. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
Eine schriftliche Begründung ist nicht zu Verständnis eines Steuerbescheids erforderlich i. S. des § 121 Abs. 1 AO, wenn das FA zuvor telefonisch erläutert hat, in welchen Punkten und aus welchen Gründen es den Erklärungsangaben nicht folgen will. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist ist nicht allein deshalb zu gewähren, weil die telefonische Erläuterung sachlich unrichtig ist.
Normenkette
AO 1977 § 110 Abs. 1, § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Die Kläger sind gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Als solche reichten sie ihre Einkommensteuererklärung für 1994 am 11. September 1995 beim beklagten Finanzamt ein. Darin beantragten sie den Ansatz eines Kinder- und Ausbildungsfreibetrages sowie die Berücksichtigung von Baukindergeld für den am 24. März 1970 geborenen Sohn … Im Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 16. Februar 1996 versagte der Beklagte die Gewährung der kindbedingten Steuervergünstigungen mit Blick auf den nicht vorliegenden Nachweis über eine begonnene Berufsausbildung. Hiergegen legten die Kläger am 27. Februar 1996 unter Vorlage eines Ausbildungsnachweises Einspruch ein. Am 17. Oktober 1996 erließ der Beklagte einen geänderten Steuerbescheid für 1994 unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages sowie des Baukindergeldes nach § 34f Einkommensteuergesetz – EStG –.
Für das Streitjahr 1995 erfolgte die Steuererklärungsabgabe am 12. März 1996. Unter Vorlage eines „Umschulungsvertrages” für den Sohn … beantragten die Kläger wiederum den Ansatz der kindbedingten Steuervergünstigungen. Ausweislich einer Aktennotiz auf dem Erklärungsformular teilte die zuständige Sachbearbeiterin des beklagten Amtes der Steuerberaterin der Kläger mit, daß die kindbedingten Steuervergünstigungen deshalb nicht gewährt werden könnten, weil – wie aus dem vorgelegten Vertrag hervorginge – es sich bei der Schulungsmaßnahme des Sohnes um eine Umschulung handele. Dementsprechend erging unter dem Datum vom 9. Mai 1996 der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1995, der die kindbedingten Steuervergünstigungen unberücksichtigt ließ. Im Erläuterungstext des Bescheides ist auf das Telefonat vom 21. März 1996 zwischen Sachbearbeiterin und Steuerbüro hingewiesen.
Am 11. September 1996 legten die Kläger gegen diesen Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Am 8. Oktober 1996 beantragten die Kläger, ihnen wegen Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 Abgabenordnung – AO–) zu gewähren. Sie machten geltend, der Einkommensteuerbescheid 1995 sei, was die Abweichung von den Steuererklärungsangaben anbelange, unzureichend begründet worden. Am 4. April 1997 verwarf der Beklagte den Einspruch der Kläger als unzulässig.
Hiergegen legten die Kläger am 30. April 1997 Klage ein.
Sie beantragen (Bl. 4),
die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 4. April 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Einspruch erneut zu entscheiden, ohne von dessen Verfristung auszugehen.
Die Kläger machen geltend, ihnen sei wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beklagte habe ihnen mehrfach mitgeteilt, der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 habe keine Aussicht auf Erfolg. Infolgedessen habe man gegen den Steuerbescheid des Folgejahres auch keinen Einspruch eingelegt. Erst nach Kenntnis der Stattgabe bzgl. des Einspruchs für 1994 sei Einspruch eingelegt und dieser mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden worden.
Der Beklagte beantragt (Bl. 15),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Seines Erachtens waren die Kläger nicht ohne Verschulden gehindert, die Einspruchsfrist einzuhalten. So sei der Einkommensteuerbescheid auch hinreichend dadurch begründet gewesen, daß im Erläuterungstext auf das zuvor geführte Telefonat zwischen der Sachbearbeiterin und der Steuerberaterin der Kläger Bezug genommen worden sei. Im übrigen verweist der Beklagte darauf, daß die Kläger das Einspruchsverfahren betreffend das Vorjahr weitergeführt hätten. Insoweit sei es ihnen unbenommen gewesen, auch gegen den Bescheid für 1995 Einspruch einzulegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 1997 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Den Klägern kann wegen der unstreitig gegebenen Versäumung der Einspruchsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
1. Nach § 110 AO ist jemandem, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder i...