Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verjährungsfrist bei Abgabe unterschriebener Steuererklärung. Umsatzsteuer 1991
Leitsatz (redaktionell)
Auch die von einem nicht als Geschäftsführer fungierenden Angestellten einer GmbH unterzeichnete Umsatzsteuererklärung setzt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in Gang.
Normenkette
AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin gehört zur A-Gruppe, die im internationalen Rahmen Maschinen und Rohlinge zur Fertigung von Kunststoffrohlingen herstellt. Für das Streitjahr 1991 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung, die mit einem Vorsteuerüberschuss abschloss, am 22. September 1993 beim damals zuständigen Finanzamt ein, das am 15. Oktober 1993 seine Zustimmung gemäß § 168 Satz 2 AO erteilte. Die Steuererklärung war von einem Herrn S unterzeichnet, der kein Organ der Klägerin war.
Bei einer Tochtergesellschaft der Klägerin, der GmbH, fand in den Jahren 1997/1998 eine Außenprüfung statt. Dabei wurde festgestellt, dass die GmbH für 1991 Vorsteuererstattungen i.H. von 510.726 DM geltend gemacht hatte, die an sich der Klägerin zustanden. Das zuständige Finanzamt W kürzte dementsprechend die Vorsteuer bei der GmbH.
Am 9. Juni 1998 wandte sich die Klägerin an das beklagte Finanzamt, bei dem sie steuerlich geführt wird (Rbh I, 29). Sie beantragte gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen u.a. für das Streitjahr 1991 unter Berücksichtigung der bei der GmbH gekürzten Vorsteuerbeträge. Mit Schreiben vom 29. Juni 1998 wies der Beklagte darauf hin, dass nach seiner Berechnung für 1991 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei (Rbh I, 31). Hierauf machte die Klägerin geltend, mangels entsprechender eigenhändiger Unterschrift läge keine wirksame Umsatzsteuererklärung für 1991 vor. Demnach laufe die Festsetzungsfrist erst zum 31. Dezember 1998 ab (Rbh I, 32).
Am 23. Dezember 1998 reichte die Klägerin für 1991 eine (berichtigte) Umsatzsteuererklärung ein. In einem gesonderten Schreiben vom selben Tag, das im Betreff die Angabe „Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1991 bis 1995” aufweist, äußert die Klägerin, dass sie nunmehr davon ausgehe, dass „nunmehr einer antragsgemäßen Veranlagung … nichts mehr im Wege” stehe. Sie bitte um „entsprechende Steuerfestsetzung” (Rbh III, 17, 20).
Am 12. April 1999 beschied der Beklagte den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen vom 9. Juni 1998 negativ, da bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei (Rbh III, 27). Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 (Rbh I, 82) als unbegründet zurück. Die hiergegen eingereichte Klage ist beim Finanzgericht unter dem Gz. 1 K 264/00 anhängig. Das Verfahren ruht derzeit.
Mit Schreiben vom 2. August 2000 wies der Beklagte den Antrag auf Steuerfestsetzung für 1991 zurück. Mangels entsprechender Unterschriften seien die in den Jahren 1993/94 abgegebenen Umsatzsteuererklärungen und die dementsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen nicht wirksam geworden. Erst die am 23. Dezember 1998 eingereichte Steuererklärung sei wirksam gewesen. Da er, der Beklagte, jedoch bis zum 31. Dezember 1998 keine Zustimmung erteilt habe, sei zum 31. Dezember 1998 Festsetzungsverjährung eingetreten (Rbh II, 2).
Gegen diese ablehnende Entscheidung legte die Klägerin am 1. September 2000 Einspruch ein (Rbh II, 17), den der Beklagte mit Entscheidung vom 5. Juni 2001 als unbegründet zurückwies (Bl. 11).
Am 6. Juli 2001 erhob die Klägerin Klage (Bl. 1).
Sie beantragt (sinngemäß, Bl. 22),
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2001 zu verpflichten, eine Umsatzsteuerveranlagung für 1991 durchzuführen und dabei die Umsatzsteuer auf ./. 551.741,52 DM festzusetzen.
Die Klägerin macht geltend, es sei infolge einer Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 3 AO zum 31. Dezember 1998 keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Zeitgleich mit der Einreichung der Umsatzsteuererklärung habe sie sich in einem gesonderten Schreiben an den Beklagten gewandt und dabei einen ausdrücklichen Antrag auf Steuerfestsetzung gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Er verweist darauf, dass die Klägerin zunächst die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1991 angestrebt habe. Nachdem sie gemerkt habe, dass sie mit diesem Antrag nicht würde durchdringen können, habe sie nach Geltendmachung der Unwirksamkeit früherer Steuererklärungen die erstmalige Steuerfestsetzung beantragt. Sie habe dann am 23. Dezember 1998 die Steuererklärung eingereicht und in dem zeitgleich übermittelten Schreiben die Erwartung geäußert, dass nunmehr einer Steuerfestsetzung nichts mehr im Wege stehe. Dieses Schreiben beinhalte keinen Antrag im Sinne von § 171 Abs. 3 AO, mit dem der Ablauf der Festsetzungsfrist hätte gehemmt werden können.
Der Senat hat die Akten des Verfahre...