Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen. Umsatzsteuer 1991
Leitsatz (redaktionell)
Erfolgt die Nichtgeltendmachung von Vorsteuerbeträgen bei einer Muttergesellschaft erkennbar in der Annahme, dass sie bei der Tochter-GmbH in Abzug zu bringen seien und stellt sich diese Annahme als unzutreffend heraus, so besteht bei der Muttergesellschaft eine Korrekturmöglichkeit nach § 174 Abs. 3 AO.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides vom 12. April 1999 in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 wird der Beklagte verpflichtet, die Umsatzsteuerfestsetzung für 1991 auf ./. 551.741,52 DM abzuändern.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin gehört zur A-Gruppe, die im internationalen Rahmen Maschinen und Rohlinge zur Fertigung von Kunststoffrohlingen herstellt. Für das Streitjahr 1991 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung, die mit einem Vorsteuerüberschuss abschloss, am 22. September 1993 beim damals zuständigen Finanzamt ein, das am 15. Oktober 1993 seine Zustimmung gemäß § 168 Satz 2 AO erteilte. Die Steuererklärung war von einem Herrn X unterzeichnet, der kein Organ der Klägerin war.
Bei einer Tochtergesellschaft der Klägerin, der A-GmbH (künftig: GmbH), fand in den Jahren 1997/1998 eine Außenprüfung statt. Dabei wurde festgestellt, dass die GmbH für 1991 Vorsteuererstattungen i.H. von 510.726 DM geltend gemacht hatte, die an sich der Klägerin zustanden. Das zuständige Finanzamt Z kürzte dementsprechend die Vorsteuer bei der GmbH. Der entsprechende Änderungsbescheid für 1991 wurde am 18. Mai 1998 zur Post gegeben (Rbh II, Bl. 32).
Am 9. Juni 1998 wandte sich die Klägerin an das beklagte Finanzamt, bei dem sie steuerlich geführt wird (Rbh I, 29). Sie beantragte gemäß § 164 Abs. 2 AO die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen u.a. für das Streitjahr 1991 unter Berücksichtigung der bei der GmbH gekürzten Vorsteuerbeträge. Mit Schreiben vom 29. Juni 1998 wies der Beklagte darauf hin, dass nach seiner Berechnung für 1991 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei (Rbh I, 31). Hierauf machte die Klägerin geltend, mangels entsprechender eigenhändiger Unterschrift läge keine wirksame Umsatzsteuererklärung für 1991 vor. Demnach laufe die Festsetzungsfrist erst zum 31. Dezember 1998 ab (Rbh I, 32).
Am 23. Dezember 1998 reichte die Klägerin für 1991 eine (berichtigte) Umsatzsteuererklärung ein.
Am 12. April 1999 beschied der Beklagte den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen vom 9. Juni 1998 negativ, da bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei (Rbh III, 27). Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 als unbegründet zurück (Bl. 9).
Mit Schreiben vom 2. August 2000 wies der Beklagte den Antrag auf Steuerfestsetzung für 1991 zurück. Mangels entsprechender Unterschriften seien die in den Jahren 1993/94 abgegebenen Umsatzsteuererklärungen und die dementsprechenden Umsatzsteuerfestsetzungen nicht wirksam geworden. Erst die am 23. Dezember 1998 eingereichte Steuererklärung sei wirksam gewesen. Da er, der Beklagte, jedoch bis zum 31. Dezember 1998 keine Zustimmung erteilt habe, sei zum 31. Dezember 1998 Festsetzungsverjährung eingetreten (Rbh II, 2).
Am 1. September 2000 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid über die Ablehnung ihres Antrags auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 (Bl. 1).
Das Verfahren wurde am 4. Oktober 2000 bis zur abschließenden Entscheidung im Verfahren betreffend die Ablehnung der Umsatzsteuerveranlagung 1991 zum Ruhen gebracht. Nachdem in diesem Verfahren der Beklagte am 5. Juni 2001 den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen hatte, reichte die Klägerin hiergegen Klage ein, die der erkennende Senat mit Urteil vom 28. Mai 2003 als unbegründet abwies (Gz. 1 K 171/01). Dabei ging der Senat davon aus, dass die Klägerin am 22. September 1993 eine ordnungsgemäße Umsatzsteuererklärung eingereicht hatte. Mithin sei am 31. Dezember 1997 Festsetzungsverjährung eingetreten.
Das Urteil vom 28. Mai 2003 ist rechtskräftig. Dem Ruhensbeschluss vom 4. Oktober 2000 entsprechend wurde das anhängige Verfahren am 18. Juli 2003 wieder aufgenommen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß, Bl. 1, 35),
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12. April 1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 zu verpflichten, die Umsatzsteuerfestsetzung für 1991 auf ./. 551.741,52 DM abzuändern.
Die Klägerin macht geltend, es sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die am 22. September 1993 eingereichte Umsatzsteuererklärung sei mangels eigenhändiger Unterschrift eines Bevollmächtigten unwirksam. Mithin sei die Festsetzungsfrist erst zum 31. Dezember 1994 angelaufe...