Entscheidungsstichwort (Thema)

Alleinvertretungsberechtigter KG-Fremdgeschäftsführer mangels gemeinschaftlicher Zweckverfolgung kein Mitunternehmer im Rahmen einer BGB-Innengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Der alleinvertretungsberechtigte Fremdgeschäftsführer einer KG kann mangels eines auf gemeinschaftliche Zweckverfolgung gerichteten Rechtsbindungswillens zwischen ihm und den Gesellschaftern auch dann nicht als Mitunternehmer im Rahmen einer Innengesellschaft angesehen werden, wenn er die Gesellschafterrechte aus der hälftigen Beteiligung seiner Ehefrau kraft widerruflicher Vollmacht ausübt und aufgrund seiner faktischen Machtposition eine der Ertrags- und Liquiditätslage nicht angemessene Vergütung seiner Tätigkeit durchsetzen kann, deren teilweise Behandlung als Darlehen zur wirtschaftlichen Abhängigkeit der KG von ihm als Großgläubiger sowie zur Entwertung der Gesellschaftsanteile führt.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993, 1994, 1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2003; Aktenzeichen VIII R 2/03)

 

Gründe

Die Klage ist begründet.

1. Das Finanzamt hat den Beigeladenen in den Streitjahren 1991 bis 1995 zu Unrecht als Mitunternehmer im Rahmen einer mit der Klägerin (GmbH & Co. KG) bestehenden Innengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) angesehen. Es fehlt an einer gemeinschaftlichen Zweckverfolgung im gesellschaftsrechtlichen Sinn; ein entsprechender - konkludenter - Rechtsbindungswille bestand nicht.

Nach § 15 Abs.1 Nr.2 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb u. a. die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist. Danach kann Mitunternehmer nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder -in Ausnahmefällen- eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat (ständige Rechtsprechung; s. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 404, BStBl II 1984, 751, 768; bestätigt durch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, 699). Die Annahme einer „faktischen Mitunternehmerschaft” aufgrund einer wirtschaftlichen Machtposition ohne ein zugrundeliegendes, ggf. verdecktes Gesellschaftsverhältnis oder ein wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis, scheidet aus (BFH-Urteile vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272, und vom 13. Juli 1993 VIII R 50/92, BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282, 284, m.w.N.).

Bei der Beurteilung der Gesellschaftereigenschaft sind die zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen allerdings nicht allein nach der formalen Bezeichnung zivil- und steuerrechtlich zu würdigen, sondern nach den gemeinsam gewollten Rechtswirkungen und der sich danach ergebenden zutreffenden rechtlichen Einordnung. Dies ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die Beteiligten müssen jedenfalls den Rechtsbindungswillen besitzen, das Unternehmen auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen. Dies kann zur Annahme eines sog. verdeckten Gesellschaftsverhältnisses führen (BFH BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272 unter 1. a) m.w.N.).

Als „andere Gesellschaft” i.S. des § 15 Abs.1 Nr.2 EStG kommt dabei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 f. BGB - auch als reine Innengesellschaft - oder eine atypisch stille Gesellschaft nach §§ 230 f. HGB in Betracht (ausführlich BFH BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272 unter 1. a) ). Diese Innengesellschaften können auch formfrei durch schlüssiges Handeln zustande kommen; in diesem Fall muss sich aber ein auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteter Rechtsbindungswille der Beteiligten an Hand der gesamten äußeren Umstände feststellen lassen; ein entsprechender Verpflichtungswille darf nicht lediglich fiktiv unterstellt werden (BFH a.a.O.). Insbesondere erlaubt ein rein tatsächliches Miteinander noch keinen Schluss auf einen Gesellschaftsvertrag. Ebenso wenig genügen für eine solche Annahme bereits allem tatsächliche Einflussmöglichkeiten (BFH a.a.O. m. w. N.). Erforderlich ist vielmehr ein gemeinsames Handeln einander gleichgeordneter Personen zu einem gemeinsamen Zweck.

Im Streitfall bestand zur Überzeugung des Gerichts zwischen der Klägerin (vertreten durch ihre Gesellschafter) und dem Beigeladenen kein darauf gerichteter Rechtsbindungswille, das Unternehmen der Klägerin in den Streitjahren auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen. Die Gesamtschau der Umstände des Falles lässt eine dahingehende Feststellung nicht zu.

Zu Beginn der Tätigkeit des Beigeladenen für das Unternehmen der Klägerin ist ein gemeinsamer, auf ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis gerichteter Wille nicht feststellbar. Der Beigeladene war seit 1977 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH u...

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