Entscheidungsstichwort (Thema)
Kaufpreisaufteilung auf Boden- und Gebäudewert: Korrektur der vertraglichen Aufteilung bei Unterschreitung des Verkehrswerts – Aufteilung des Gesamtkaufpreises nach Verkehrswertanteilen – Anwendung des Ertragswertverfahren bei Renditeobjekten
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Korrektur der vertraglichen Aufteilung des Anschaffungspreises eines Grundstücks auf den Grund und Boden sowie das Gebäude ist geboten, wenn der vereinbarte Kaufpreisanteil für den Grund und Boden den Verkehrswert um mehr als 20 % und damit mehr als nur geringfügig unterschreitet.
- Bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises sind zunächst Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen.
- Bei der Ermittlung der Verkehrswerte ist bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen, die als Renditeobjekte anzusehen sind, das Ertragswertverfahren anzuwenden.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist die Aufteilung des Kaufpreises für ein vermietetes Dreifamilienhaus auf das Gebäude und den Grund und Boden sowie, ob die Aufwendungen für im Jahr 2017 getätigte Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten zu nachträglichen Herstellungskosten oder sofort abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen.
Der Kläger erwarb auf Grund eines Kaufvertrags vom 27.09.2016 das mit einem Dreifamilienhaus bebaute Grundstück Z. Im Kaufvertrag für das vermietete Objekt war festgehalten, dass von dem Kaufpreis i. H. von 520.000 Euro auf den Grund und Boden 170.000 Euro und auf das Gebäude 350.000 Euro entfielen. Die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 57.089 Euro.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 gab der Kläger für das Haus eine Absetzung für Abnutzung (AfA) für drei Monate i. H. von insgesamt 2.036 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an, die der Beklagte (das Finanzamt - FA -) in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid zunächst berücksichtigte. Nach zwei, den Streitpunkt nicht betreffenden Änderungen, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2016 am 08.11.2018 erneut und ließ nur noch eine AfA i. H. von 1.443 Euro zum Abzug zu. Zuvor hatte der Bausachverständige des Finanzamts C, ..., am 10.08.2018 auf Anforderung des FA eine baufachliche Stellungnahme abgegeben, wonach die Anschaffungskosten für das Grundstück mit jeweils 50 % auf das Gebäude sowie den Grund und Boden entfielen.
Im Laufe des sich anschließenden Einspruchsverfahrens änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2016 aus hier nicht relevanten Gründen nochmals und erließ am 10.03.2020 einen Einkommensteuerbescheid für 2017. Darin berücksichtigte es die AfA mit 5.771 Euro anstelle der vom Kläger in der Einkommensteuererklärung angegebenen AfA von 7.855 Euro und Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen i. H. von 41.732 Euro. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 07.04.2020 Einspruch ein, das beim FA am 16.04.2020 einging. Während des Einspruchsverfahren erließ das FA wegen zwei anderer - hier nicht streitiger - Vermietungsobjekte am 27.05.2020 einen Änderungsbescheid für 2017 und hob den bisherigen Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Zur Begründung der beiden Einsprüche bezog sich der Kläger auf eine von ihm in Auftrag gegebene Stellungnahme zur Kaufpreisaufteilung des Dipl.-Ing. D vom 03.11.2018. Dieser gelangte zu der Auffassung, der Bodenwert gemäß der Bodenrichtwertkarte betrage unter Berücksichtigung eines Anpassungsfaktors von -10 % im Anschaffungszeitpunkt 214.812 Euro. Der Marktwerkt für das gesamte bebaute Grundstück belaufe sich unter Annahme einer Wohnfläche von 305 qm auf 605.925 Euro, wovon nach Substraktion des Bodenwerts 391.113 Euro auf das Gebäude entfielen. Die sich daraus ergebende Aufteilung der Anschaffungskosten im Verhältnis 35 % für den Grund und Boden sowie 65 % für das Gebäude zeige, dass der Parteiwille hinsichtlich der Aufteilung des Kaufpreises im Kaufvertrag marktkonform gewesen sei (Stellungnahme vom 12.02.2020).
Das FA wies die Einsprüche mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 20.04.2021 als unbegründet zurück. Die Bemessungsgrundlage für die AfA betrage 288.545 Euro, was 50 % der Anschaffungskosten entspreche. Dazu werde auf die Stellungnahme der Bausachverständigen des Finanzamts C vom 11.02.2021, Dipl.-Ing. E, Bezug genommen. Die AfA betrage somit für 2016 zeitanteilig 1.443 Euro und 5.771 Euro für 2017.
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, das FA gehe zu Unrecht von einer Kaufpreisaufteilung zu je 50 % für Grund und Boden einerseits und den Gebäudeanteil andererseits aus. Eine Korrektur der von den Parteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf den Grund und Boden sowie das Gebäude sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur dann geboten, wenn sie die realen Wer...