vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteueranspruch aufgrund Anteilsverminderung im Insolvenzplan – Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung des Steueranspruchs – Begrenzung der Wirkungen des Insolvenzplans auf Beteiligte. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 50/21)
Leitsatz (redaktionell)
Entfällt die für den Übergang eines Grundstücks auf eine Gesamthand gewährte Steuerbefreiung aufgrund der in einem Insolvenzplan bestimmten Anteilsverminderung nachträglich gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG a. F., handelt es sich bei dem erst hierdurch begründeten Grunderwerbsteueranspruch nicht um eine den Wirkungen des Insolvenzplans unterliegende Insolvenzforderung.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 2; GrEStG a.F. § 5 Abs. 2-3; AO §§ 47, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Alt. 1, §§ 228, 229 Abs. 1, §§ 232, 251 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 38, 217 S. 1, § 254 Abs. 1, §§ 254b, 259b
Tatbestand
Angefochten sind ein Grunderwerbsteuerbescheid und ein Abrechnungsbescheid. Streitig ist im Wesentlichen, ob (erst) die Anteilsverminderung i. S. d. § 5 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zur insolvenzrechtlichen Begründung des Steueranspruchs führt.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG (Handelsregister des Amtsgerichts - AG - A-Stadt , HRA 0000 ), betreibt eine Metallwarenfabrik. Am 30.07.2012 waren Komplementärin ohne Kapitaleinlage die B -GmbH und alleiniger Kommanditist…(D). Mit notariellem Vertrag von diesem Tag brachte D das Betriebsgrundstück Straße 01 , 01 a, 02 in A-Stadt (Gemarkung G01 , Flur 001 , Flurstücke 01 und 02 ) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten aus seinem Sonderbetriebsvermögen in die Gesamthand ein und erklärte die Auflassung.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte den Vorgang als nach § 5 Abs. 2 GrEStG in der Fassung vom 24.03.1999 (a. F.) steuerfrei. Mit Bescheid vom 20.09.2012 setzte er Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin i. H. v. 0 € mit der Begründung fest, D sei zu 100 % am Vermögen der erwerbenden Gesamthand beteiligt gewesen.
Durch Beschluss des AG A-Stadt ( 000 IN 000 /14) vom 01.10.2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet.
Durch weiteren Beschluss vom 08.03.2016 wurde ein Insolvenzplan bestätigt, der vorsah, dass 94,9 % der Kommanditanteile des D an der Klägerin auf die C -GmbH i. Gr. ( C -GmbH) übertragen werden. Die Übertragung war aufschiebend bedingt durch die Eintragung der C-GmbH als Kommanditistin in das Handelsregister, die am 23.08.2016 erfolgte. Unter dem Gliederungspunkt C.VII.7 verwies der Insolvenzplan für Forderungen, die erstmals nach dem Abstimmungstermin angemeldet werden, auf die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die §§ 259a, b der Insolvenzordnung (InsO).
Durch weiteren Beschluss vom 31.03.2016 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans angeordnet.
Mit Bescheid vom 30.08.2018 setzte das FA die Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auf 32.510 € herauf. Zur Begründung führte es aus, die Beteiligung des D an der Gesamthand habe sich innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf diese um 94,9 % vermindert. Der Tatbestand des § 5 Abs. 3 GrEStG a. F. sei erfüllt; die gewährte Steuerbefreiung i. H. v. 94,9 % sei zu versagen. Der Bescheid enthielt eine Zahlungsaufforderung, nach der die Forderung bis zum 04.10.2018 zu erfüllen war.
Das FA wurde i. H. d. im Insolvenzplan festgelegten Quote von 15 % (4.876,50 €) befriedigt.
Mit dem Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid machte die Klägerin geltend, bei der rückwirkend zum 30.07.2012 entstandenen Steuerforderung handele es sich um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO, die im Insolvenzverfahren zur Tabelle anzumelden und mit der im Insolvenzplan festgelegten Quote zu bedienen sei. Auf weitergehende Zahlungen hätten die Gläubiger im Insolvenzplan verzichtet. Die Wirkungen dieses Plans gölten gemäß § 254b InsO auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen - wie das FA die Grunderwerbsteuerforderung - nicht angemeldet hätten. Die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Steuer sei daher erloschen; der Anspruch des FA könne nicht weiterverfolgt werden.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.07.2019 als unbegründet zurück. Es führte aus, der Grunderwerbsteueranspruch stelle keine Insolvenzforderung dar, denn der für seine Begründung maßgebende Lebenssachverhalt sei erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig verwirklicht worden. Selbst wenn eine Insolvenzforderung vorläge, wäre der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Denn das Steuerfestsetzungsverfahren sei nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Das FA habe an der Festsetzung von Insolvenzforderungen ein Interesse, da es auch für nicht zur Tabelle angemeldete Ansprüche eine Quote erhalte (Verweis auf § 254b InsO...