vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Schulgeldzahlungen als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
- Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule aus Anlass einer ADHS-Erkrankung können nur dann als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähige unmittelbare Krankheitskosten darstellen, wenn der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolgt und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2010 VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969).
- Eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen setzt bei auswärtiger Unterbringung des Kindes überdies voraus, dass der Nachweis ihrer Zwangsläufigkeit vor Beginn der Heilmaßnahme durch Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung geführt wird.
- Dieses in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchstab. c EStDV für den Fall der medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung eines an einer Behinderung leidenden Kindes normierte Nachweiserfordernis ist im Wege einer teleologischen Extension auch bei der krankheitsbedingten auswärtigen Unterbringung eines Kindes anzuwenden.
- Ersetzt oder ergänzt der Besuch einer bestimmten Schule eine psychotherapeutische Behandlungsmaßnahme, ergibt sich dieses formelle Nachweiserfordernis auch aus der teleologischen Extension der die Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung betreffenden Vorschrift des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchstab. b EStDV.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1; EStDV § 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchstab. b, S. 1 Buchstab. c, S. 2
Streitjahr(e)
2012, 2013
Tatbestand
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2012 und 2013 machten die Kläger bei den außergewöhnlichen Belastungen „Schulgeldzahlungen” für die Tochter C (C) in Höhe von 10.731 € (2012) und 8.421 € (2013) und für den Sohn P (P) in Höhe von 28.767 € (2012) und 20.101 € (2013) als Aufwand geltend.
Den Abzug begründeten die Kläger damit, dass der jeweilige Schulbesuch krankheitsbedingt erfolgt sei. Als Nachweis legten sie in Bezug auf die C eine Bestätigung des Dr. N (N) vom 10.12.2012 vor, wonach diese an einer einfachen Aufmerksamkeitsstörung (ADHS) leide und daher der Besuch einer gesonderten Schule mit kleineren Klassenverbänden und einer intensiveren Betreuung, so wie in ihrem Fall aktuell zutreffend, psychiatrischerseits empfehlenswert sei. Krankheitsbedingt wäre von einer Benachteiligung auf der Regelschule auszugehen, was einer unbilligen Härte entspräche. Darüber hinaus legten die Kläger eine vom Kläger selbst erstellte „ärztliche Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt” vor, in der der Kläger bei der C eine Aufmerksamkeitsstörung bei Teilleistungshochbegabung diagnostizierte. Die Bescheinigung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, schloss mit folgender Empfehlung: „Aufgrund der Charakteristika der Erkrankung ist der Schulbesuch bei kleinerer Klassenstärke mit individueller Förderung nebst fachärztlicher Behandlung weiterhin indiziert”.
Als Nachweis in Bezug auf die Erkrankung des P reichten die Kläger eine Bescheinigung des Dr. (D) vom 12.11.2012 ein. Darin diagnostizierte der D bei P eine emotionale Entwicklungsverzögerung mit Aufmerksamkeitsstörung bei Teilleistungshochbegabung. Ferner führte er aus: Für Patienten mit Aufmerksamkeitsstörungen sind kleine Klassenstärken mit individueller Förderung und enger Einbindung des Schülers in den Unterricht sinnvoll, um Konzentrationsschwächen und Ablenkbarkeit entgegenzusteuern. (...) Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht ist der Besuch der englischen Schule sinnvoll und zu unterstützen”.
Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen für den Schulbesuch der C und des P in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 vom 11.11.2014 und für 2013 vom 31.3.2015 nicht an.
Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens übersandten sie Verordnungen des Klägers vom 30.3.2010, in denen es in Bezug auf C und P wie folgt heißt: „Aufmerksamkeitsstörung (ADS) bei Teilleistungshochbegabung, Unterbringung in Boarding Schools, kleine Klassenstärken bei individueller Förderung erforderlich, Überwachen und Auflösung von Konzentrationsschwächen und Ablenkbarkeit, Verstärkung von erkannten Interessengebieten, Cave: nachhaltiges Monitoring des Lernstandes und Prüfungsvorbereitung erforderlich”.
Das FA setzte die Einkommensteuer mit zwei Einspruchsentscheidungen vom 2.12.2015 für 2012 auf 74.983 € und für 2013 auf 82.689 € fest und wies die Einsprüche in der hier streitigen Frage als unbegründet zurück. Für die Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung tragen die Kläger vor: Der Kläger se...