vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsverjährung bei Steuerhinterziehung: Ablaufhemmung durch unterlassene Berichtigung seitens des Erben – Erweiterung der Ablaufhemmung bis zur Strafverfolgungsverjährung durch Steuerfahndungsermittlungen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 17/24)
Leitsatz (redaktionell)
Die zeitlich bis zum Eintritt der Strafverfolgungsverjährung begrenzte Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung, die durch die seitens des Erben durch eine unterlassene Berichtigung der Steuererklärung des Erblassers begangene Steuerhinterziehung ausgelöst wird, kann durch Steuerfahndungsermittlungen, die erst nach Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist aufgenommen werden, aber noch innerhalb der nach § 171 Abs. 7 AO gehemmten Festsetzungsfrist erfolgen, nicht mehr nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO erweitert werden.
Normenkette
AO § 45 Abs. 1, § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, § 171 Abs. 3, 5 S. 1, Abs. 7, 9, § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 376 Abs. 1; StGB § 78c Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob im Jahr 2018 gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer im Jahr 2005 verstorbenen Stiefmutter G. M. noch eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung für 2001 ergehen durfte.
Der Vater der Klägerin, Herr J. „F.“ M., war in zweiter Ehe mit Frau G. M. verheiratet. Aus der ersten Ehe des F. M. stammten zwei Kinder, die Klägerin und T. M.; aus der ersten Ehe der G. M. stammte ein Kind, Z. X.. Testamentarisch hatten sich F. und G. M. (im Folgenden: die Eheleute M.) wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Der oder die Längstlebende sollte durch die drei Kinder jeweils zu 1/3 beerbt werden.
Die Eheleute M. verfügten zu Lebzeiten über erhebliches Kapitalvermögen, das u.a. im Streitjahr 2001 bei der C. AG, K./Schweiz (Konto Nr. N01 für F. M. und N02 für G. M.) und der P. AG, K. (Depot-Nr. N03 für F. M.) ertragbringend angelegt war. Die Einkommensteuererklärung 2001 der Eheleute M. wurde im Mai 2002 abgegeben. Die aus den Kapitalanlagen in der Schweiz erzielten Kapitalerträge wurden in der Erklärung - wie auch in den Erklärungen der Vorjahre und Folgejahre - nicht angegeben und blieben entsprechend im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 21.11.2002 unberücksichtigt (festgesetzte Einkommensteuer:…€). Der in dem Bescheid enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung wurde unter dem 06.12.2004 aufgehoben.
Am 00.00.0000 verstarb F. M. und wurde von G. M. beerbt. Die o.g. Kapitalanlagen der Eheleute M. wurden - unter anderen Depot-Nummern (C.-AG Nr. N04; P.: Nr. N05) - durch G. M. fortgeführt. Am 15.12.2003 übergab G. M. der Klägerin und T. M. bei einem gemeinsamen Termin beim I. in A. Schecks i.H.v. jeweils…€. Die Schecks wurden durch die Klägerin und T. M. auf neu eingerichtete Konten bei dem I. eingelöst. Die Vermögensanlage bei der P. wurde im Mai 2004 auf das Konto Nr. N06 überführt, das G. M. und ihrer Schwester O. H. je hälftig zuzurechnen war. Am 21.10.2005 wurde in N./Schweiz durch eine Treuhandanstalt eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht, die D.-Stiftung, gegründet. Erstbegünstigte der Stiftung war nach den Beistatuten G. M., Zweitbegünstigte nach ihrem Ableben zu gleichen Teilen die Klägerin, T. M. sowie Z. X.. Am 24.10.2005 wurden von dem durch G. M. bei der C. AG gehaltenen Vermögen i.H.v. insgesamt rund…€ rund…€ auf ein Konto der D.-Stiftung bei der C. AG (Konto Nr. N07) transferiert.
Am 00.00.0000 verstarb G. M.. Erben wurden zu gleichen Teilen die Klägerin, T. M. sowie Z. X.. Bis Juli 2006 teilten die Erben das bei der C. AG verwahrte Kapitalvermögen unter sich auf. Aus dem Stiftungsvermögen der D.-Stifung, die umbenannt und als E.-Stiftung mit Herrn T. M. als Erstbegünstigtem fortgeführt wurde, wurden zudem im Juli 2006 rund…€ auf ein Konto der im Juni 2006 gegründeten S.-Stiftung bei der C. AG transferiert. Erstbegünstigte der S. war nach den Beistatuten die Klägerin, Zweitbegünstigte ihre drei Kinder. Im Juni 2006 wurden zudem auf einem Unterkonto bei der P. gehaltene Vermögenswerte auf das Konto N06 überführt. Die Kapitalanlage bei der P. wurde sodann im Oktober 2006 aufgelöst und hälftig auf O. H. einerseits und die Erben der G. M. andererseits übertragen. Wegen der - zwischen den Beteiligten nicht streitigen - weiteren Einzelheiten der Vermögensanlagen und -übertragungen in Bezug auf die Konten bei der C. AG und der P. wird auf den Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung R. (im Folgenden: Steuerfahndung R.) vom 30.08.2017 über die steuerlichen Feststellungen bei den Eheleuten M. (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft U., Aktenzeichen N08, Bd. 2 Bl. 385 ff.) Bezug genommen.
Für die Erbengemeinschaft nach G. M. wurde im Juni 2007 eine Erbschaftsteuererklärung, unterzeichnet durch T. M., abgegeben. Das schweizerische Kapitalvermögen wurde hierin nicht angegeben. Über die zu Lebzeiten von den Eheleuten M. und nach deren Ableben von den Erben erzielte...