Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Ausschluss des Kindergeldanspruchs bei nur geringfügiger Beschäftigung des Anspruchstellers

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 1 AuslG entspricht der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG i. d. F. vom 13. Dezember 2006 erwähnten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.
  2. Der Kindergeldanspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Anspruchsteller nur geringfügig beschäftigt war.
 

Normenkette

EStG § 52 Abs. 61a S. 2, § 62 Abs. 2 Nr. 3; AufenthG § 25 Abs. 4 S. 1, § 101 Abs. 2; AuslG § 30 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006

 

Tatbestand

Streitig ist die Kindergeldgewährung für die beiden Söhne der Klägerin „A” (geb. 1. Februar 1991) und „B” (geb. 24. September 1997) für die Zeit von Mai 2004 bis Januar 2006.

Die Klägerin ist ghanaische Staatsbürgerin und reiste am 26. April 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht nahm die Klägerin am 1. Juli 1996 zurück.

Am 27. Juni 1997 erhielt die Klägerin eine Aufenthaltsbefugnis, die zuletzt bis zum 4. April 2005 verlängert wurde.

Am 03.05.2001 erhielt sie eine uneingeschränkte Arbeitsgenehmigung.

Am 7. April 2005 erteilte die Stadt der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG; gleichzeitig wurde ihr eine Erwerbstätigkeit gestattet.

Nach einer Bescheinigung der AOK Rheinland/Hamburg vom 3. November 2006 war die Klägerin unter anderem in der Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2006 sozialversicherungspflichtig tätig. Vom 1.1.2005 bis 29.8.2006 bezog sie Arbeitslosengeld II (ALG II).

Der Antrag der Klägerin, ihr für die beiden Söhne „A” (geb. 1. Februar 1991) und „B” (geb. 24. September 1997) Kindergeld zu gewähren, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 8. April 2004 ab, da die Klägerin als Ausländerin nicht die Voraussetzungen des § 62 EStG erfülle.

Mit ihrem neuerlichen Antrag vom 19. Januar 2005 wies die Klägerin auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2004 (1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97) hin, wonach der Ausschluss von Ausländern mit einer Aufenthaltsbefugnis vom Kindergeldbezug verfassungswidrig sei. Ihr sei daher Kindergeld auch für die zurückliegenden Jahre zu gewähren. Die Klägerin gab an, seit 1999 bei der Firma „C” mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden erwerbstätig zu sein.

Durch Bescheid vom 15. April 2005 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag der Klägerin ab.

Mit ihrem Einspruch vom 2. Mai 2005 trug die Klägerin vor, dass sie inzwischen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG besitze und ihr die Erwerbstätigkeit gestattet sei. Die jetzige Aufenthaltserlaubnis entspreche der früheren Aufenthaltsberechtigung nach dem Ausländergesetz. Ein Ausschluss vom Bezug des Kindergeldes sei verfassungswidrig. Dies gelte erst recht hinsichtlich der ihr jetzt erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Durch Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2006 wies die Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Am 27. Januar 2006 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Begehren, Kindergeld ab 2001 zu gewähren. Sie hat eine Verdienstbescheinigung der Firma „C” für den Monat Dezember 2005 vorgelegt, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird.

Des Weiteren liegt eine Verdienstabrechnung der Firma „D” ebenfalls für Dezember 2005 vor, auf die sich das Gericht ebenfalls bezieht. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Vorverfahren.

Sie beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 15. April 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2006 die Beklagte zu verpflichten, ihr Kindergeld von Mai 2004 bis Januar 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Sie beruft sich auf ihr Vorbringen im Vorverfahren.

Durch Beschluss vom 6. April 2006 hat der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Nach Anhörung der Beteiligten ist das Verfahren durch Beschluss vom 23.3.2007 auf den Senat zurück übertragen worden.

Auf die Aufforderung des Gerichtes, Nachweise für eine Erwerbstätigkeit im Jahr 2004 vorzulegen, hat die Klägerin erklärt, dass sie 2004 durchgängig bei den Firmen „D” und „C” erwerbstätig gewesen sei. Sie hat – bis auf den Monat Juli 2004 – Verdienstbescheinigungen vorgelegt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Das Gericht hat die Kindergeldakte und die Ausländerakte der Klägerin beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Bescheid vom 15. April 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2006 sind rechtswidrig, denn die Beklagte hat darin zu Unrecht einen Kindergeldanspruch der Klägerin für die Zeit von Mai 2004 bis Januar 2006 verneint.

1. Die Anspruchsberechtigung von Ausländern bezüglich des Kindergeldes beurteilt sich seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr nach § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. des JStG 1996 bzw. der geänderten Fassung aufgrund des Zuwanderungsgesetzes vom 30...

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