Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Konkursverwalters wegen Umsatzsteuer aufgrund Verzicht auf Steuerbefreiung bei Grundstücksverkauf; Haftung; Umsatzsteuer; Grundstücksverkauf; Konkursverwalter; Steuerbefreiungsverzicht; Vorsteuerberichtigung; Nettokaufpreisabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. In dem Verzicht des Konkursverwalters auf die Steuerfreiheit eines Grundstücksumsatzes liegt eine haftungsbegründende Pflichtverletzung, wenn er voraussehbar nicht zur pünktlichen Erfüllung der Umsatzsteuerschuld in der Lage ist.
  2. Die spätere vollständige Befriedigung der Ansprüche des Fiskus aufgrund seiner Stellung als vorrangiger Massegläubiger steht der Haftung ebensowenig entgegen wie die alternative Entstehung eines Vorsteuerberichtigungsanspruch im Falle des steuerfreien Grundstücksverkaufs.
  3. Eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Konkursverwalters wird auch durch eine Nettokaufpreisabrede mit dem Grundpfandgläubiger des verkauften Grundstücks nicht ausgeschlossen, wenn die Verfügungsbefugnis des Erwerbers über den Vorsteuererstattungsanspruch erhalten bleibt.
 

Normenkette

AO § 34 Abs. 1, 3, §§ 46, 69; UStG §§ 9, 15a; BGB §§ 1147, 1192 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen VII R 42/01)

BFH (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen VII R 42/01)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides wegen der Umsatzsteuer für den Voranmeldezeitraum September 1997.

Die Firma D-H-GmbH u. Co. KG (im Folgenden: die Gemeinschuldnerin) erstellte im Jahre 1992 ein größeres Produktionsgebäude auf ihrem Grundbesitz L-Straße in S. Sie erklärte die Umsatzsteueroption gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG); infolgedessen erstattete der Beklagte die von ihr an die bauausführenden Unternehmer gezahlte Umsatzsteuer. Sie finanzierte die Baukosten durch einen Kredit der x-Bank, die über eine erstrangige Grundschuld auf dem Grundbesitz L-Straße abgesichert wurde.

Im Jahr 1996 geriet die Gemeinschuldnerin in Vermögensverfall. Mit Beschluss vom 02.01.1997 wurden über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet und der Kläger als Konkursverwalter bestellt. Er zeigte die Masseunzulänglichkeit im Februar 1997 an und machte diese in der üblichen Weise öffentlich bekannt.

Der Kläger veräußerte mit Vertrag vom 29.07.1997 Teile des Betriebsvermögens an die A-GmbH in F. Der Verkauf umfasste u.a. auch den Grundbesitz L-Straße. Der Notarvertrag hatte diesbezüglich u.a. folgenden Wortlaut:

“1. Der Verkäufer verkauft und überträgt dem dies annehmenden Erwerber den Grundbesitz L-Straße zum Betrage von DM 1.200.000 DM ... zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in Höhe von derzeit 15 %. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs und eines entsprechenden Erlasses des Bundesministers der Finanzen gehört in diesen Fällen die Hälfte der Grunderwerbsteuer (1,75 %), die vom Käufer in voller Höhe (3,5 %) an das Finanzamt abgeführt werden muss, zur Berechnungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Die Erhebung der Umsatzsteuer bedeutet für den Käufer keine Mehrbelastung, wenn er den Betrag als Vorsteuer absetzen kann. Käufer ist zum Abzug der Vorsteuer berechtigt und wird gegebenenfalls auch nach eigenem Ermessen zur Umsatzsteuer optieren (§ 9 UStG).

Damit ist zu zahlen netto

DM 1.200.000,00

Umsatzsteuer berechnet aus DM 1.221.000,00 (1.200.00,00 + 21.000,00)

DM 183.150,00

Insgesamt brutto

DM 1.383.150,00

2. Der Veräußerer ist verpflichtet, Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer zu erteilen.

Der Erwerber tritt hiermit entsprechend den Vorschriften der Abgabenordnung die ihm gegen das zuständige Finanzamt zustehenden Erstattungsansprüche an den dies annehmenden Veräußerer erfüllungshalber ab und verpflichtet sich, diese Abtretung unverzüglich auf finanzamtlichem Formular zu wiederholen.

Der Veräußerer tritt diese Ansprüche weiter zum Zwecke der Verrechnung an das zuständige Finanzamt ab. Soweit erforderlich, verpflichtet er sich, diese Erklärung in der vorgeschriebenen Form zu wiederholen.

Die Beteiligten werden sich bemühen, Zahlungs- und Erstattungsansprüche möglichst durch Verrechnung zu erledigen, so dass eine Zahlungspflicht nicht entsteht. Der Veräußerer wird Verrechnungsstundung beantragen. Soweit eine Verrechnung nicht möglich wird, ist der Erwerber verpflichtet, die Umsatzsteuer unmittelbar an den Veräußerer bzw. gemäß dessen Weisung zu zahlen, sobald die Auszahlungsvoraussetzungen für den Nettokaufpreis gemäß den nachstehenden Vereinbarungen vorliegen, frühestens jedoch, sobald endgültig feststeht, dass insoweit eine Verrechnung nicht möglich ist ....

3. Der Nettokaufpreis ist fällig und zahlbar innerhalb von 14 Tagen, nachdem der Notar den Vertragsbeteiligten mitgeteilt hat, dass ......

c) die für die x-Bank eingetragenen sowie an sie übertragenen Grundpfandrechte Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises an die Finanzierungsbank des Erwerbers oder an die Firma A-GmbH selbst abgetreten sind, ...

5. Der Kaufpreis ist, soweit er nicht zur Abgeltung der Forderung der x-Bank sowie anderer Grundpfandrechts...

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