Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Spielgerätesteuerungsgesetzes
Leitsatz (redaktionell)
Die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Spielgerätesteuerungsgesetzes, soweit es im 3. Gesetz zur Änderung des Spielgerätesteuerungsgesetzes eine Verdoppelung des vorherigen Steuersatzes vorsieht, ist ernstlich zweifelhaft.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 1, 3; GG Art. 100 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin (im Folgenden Astin) betreibt in Hamburg Spielhallen, in denen sie Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufstellt. Mit ihrer Spielgerätesteueranmeldung für Januar 2001 vom 6.2.2001 meldete sie eine Steuer von ... DM (... Geräte a‘ 600 DM) an. Für die folgenden Monate hat sie bisher keine weitere Anmeldung abgegeben. Gegen die Anmeldung hat sie am 6.2.2001 Einspruch eingelegt, über den der Antragsgegner (im Folgenden Ag) noch nicht entschieden hat.
Am 6.2.2001 hat die Astin beim Ag die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Diesen Antrag lehnte der Ag mit Verfügung vom 27.2.2001 ab.
Daraufhin hat sich die Astin am 8.3.2001 an das Gericht gewandt.
Sie meint: Die Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetzes sei ernstlich zweifelhaft. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.12.2000 II R 36/98, in dem der BFH dem Finanzgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob der Spielgerätesteuer erdrosselnde Wirkung zukomme, aufgegeben habe. In dem vorangegangenen Finanzgerichtsverfahren VII 15/96 habe die dortige Klägerin mittels einer Umfrage nachgewiesen, dass die überwiegenden Teilnehmer ein negatives betriebswirtschaftliches Ergebnis aufgewiesen hätten, nachdem die Hamburgische Spielgerätesteuer bei der letzten Erhöhung um 100 % gestiegen sei. Zu der Zurückverweisung des Rechtsstreits durch den BFH wäre es nicht gekommen, wenn das Material nicht zu einer Verfassungswidrigkeit hätte führen können.
Die Astin beantragt,
die Vollziehung der Spielgerätesteuer ab Januar 2001 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er meint: Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der Pauschsätze erdrosselnde Wirkung haben könnte. Die Zurückverweisung durch den BFH sei lediglich erfolgt, weil der Bundesfinanzhof die dem finanzgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nicht für ausreichend gehalten habe. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines ordnungsgemäß parlamentarisch verabschiedeten Gesetzes bestünden nur dann, wenn hinreichende Beweismittel vorgelegt würden, die bereits bei summarischer Prüfung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes begründeten. Derartige Beweismittel seien bisher nicht vorgelegt worden. Die Feststellungslast trügen die Automatenaufsteller.
Dem Senat haben die Spielgerätesteuerhauptakten des Beklagten und eine Sammelmappe zur Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Antrag ist zulässig. Dies gilt insbesondere auch, insoweit die Aussetzung erst zukünftig entstehender Steuern beantragt wird.
Nach § 5 Hamburgische Spielgerätesteuergesetz in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Spielgerätesteuergesetzes vom 4.2.1992 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I S. 29, im Folgenden SpStG) entsteht die Steuer zwar mit Ablauf jedes Kalendermonats, in dem das Spielgerät gehalten wurde und wird die Steuer erst am 10. Tag des folgenden Kalendermonats fällig. Die Berechtigung, Einspruch einzulegen und die davon abhängige Möglichkeit der Aussetzung der Vollziehung, richtet sich jedoch nicht nach Entstehung oder Fälligkeit der Steuer, sondern danach, ob über diese Steuer ein Bescheid ergangen ist. Nach § 5 Abs. 3 SpStG wirkt die Steueranmeldung als unbefristete Steuerfestsetzung, sie ist neu anzumelden, wenn sich infolge einer Änderung der Bemessungsgrundlagen oder des Steuersatzes eine andere monatlich zu entrichtende Steuer ergibt. Die Steueranmeldung für einen Monat bewirkt mithin auch die Steuerfestsetzung für die folgenden Monate.
2. Der Antrag ist teilweise begründet.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO soll eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände wichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und / oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (BFH, Beschluss vom 3.2.1993 I B 90/92 BStBl II 1993, 426). Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung des Steuersatzes von 300 DM auf 600 DM für Geräte in Spielhallen durch das 3. Gesetz zur Änderung des Spielgerätesteuergesetzes vom 7.12.1994 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1994 S. 363).
Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes um eine Rechtsfrage auch dann, wenn die Entscheidung von der Ermittlu...