rechtskräftig
Leitsatz (redaktionell)
Auch bei unverschuldeter Zahlungsverzögerung kein Erlass von Säumniszuschlägen, wenn bei der Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer dauernd die Schonfrist bis zum letzten Tag ausgenutzt wird.
Das gilt insbesondere bei einer Steuerberatungsgesellschaft, von der besondere Sorgfalt bei der Beachtung des § 41a EStG zu fordern ist.
Normenkette
AO §§ 227, 240; EStG § 41a
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den Erlass von Säumniszuschlägen, die der Beklagte wegen verspäteter Abführung der Lohnsteuer für November 1998 erhoben hat.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Sie beschäftigte im Streitjahr 86 Arbeitnehmer. Die Lohnsteueranmeldungen reichte sie im Streitjahr nur einmal innerhalb der gemäß § 41 a EStG vorgesehenen Frist von 10 Tagen ein und führte die Lohnsteuer in neun von zwölf Monaten noch später ab. Im einzelnen erfolgten die Anmeldungen und Zahlungen 1998 an folgenden Tagen:
Wochentag des letzten Tages der Frist gem. § 41 a EStG |
Lohnsteuer-Anmeldung |
Zahlungseingang |
Dienstag |
16.2. |
(Freitag) |
16.2. |
Dienstag |
13.3. |
(Freitag) |
16.3. |
Freitag |
20.4. |
(Montag) |
21.4. |
Sonntag |
18.5. |
(Montag) |
15.5. |
Mittwoch |
12.6. |
(Freitag) |
16.6. |
Freitag |
14.7. |
(Dienstag) |
16.7. |
Montag |
17.8. |
(Montag) |
17.8. |
Donnerstag |
11.9. |
(Freitag) |
16.9. |
Samstag |
13.10. |
(Dienstag) |
19.10. |
Dienstag |
11.11. |
(Mittwoch) |
16.11. |
Donnerstag |
10.12. |
(Donnerstag) |
16.12 |
Sonntag |
13.1. |
(Mittwoch) |
15.1. |
Da der Zahlungsbetrag für November 1998 nach der Anmeldung vom 10.12. erst am 16.12. beim Beklagten einging, berechnete dieser Säumniszuschläge in Höhe von 536 DM für die ab 10.12.1998 fälligen Lohnsteuerbeträge sowie 29 DM für den Solidaritätszuschlag für November 1998 und verbuchte sie von den Zahlungseingängen.
Den Antrag der Klägerin vom 11.1.1999 auf Erlass dieser Beträge lehnte der Beklagte ab. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit seiner Einspruchsentscheidung vom 24.2.1999, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, zurück.
Mit der dagegen gerichteten Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass ein Erlass zu Unrecht versagt worden sei. Wie in den Vormonaten sei der Überweisungsauftrag am Vortag des Schonfristablaufs gebucht worden. Dass der Zahlungsbetrag erst einen Tag nach Ablauf der Schonfrist eingegangen sei, habe die Bank zu vertreten.
Sie beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.2.1999 und des Bescheides vom 14.1.1999 den Beklagten zu verurteilen, die für November 1998 entstandenen Säumníszuschläge in Höhe von 536 DM und 29 DM zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und weist darauf hin, dass die Klägerin wegen dauernd verspäteter Zahlung nicht erlasswürdig sei. Sie kalkuliere regelmäßig von vornherein die Schonfrist ein und veranlasse bewusst erst unmittelbar vor deren Ablauf den Zahlungsvorgang, um dadurch entstehende Zinsvorteile auszunutzen. Sie trage das Risiko von Verzögerungen.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Schriftsätze und Anlagen sowie die dem Gericht vorliegenden Arbeitgeberakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1.
Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 90a, 79a Abs.2, 4 FGO durch Gerichtsbescheid.
2.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der Säumniszuschläge gemäß § 227 AO. Der Beklagte hat einen solchen in rechts- und ermessensfehlerfreier Weise abgelehnt.
Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei stellt die Entscheidung darüber eine Ermessensentscheidung dar und ist vom Gericht nur darauf zu prüfen, ob die von der Verwaltung getroffene Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 5 AO, §102 FGO). Davon und nicht von einem unbestimmten Rechtsbegriff wird im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. 15.5.1990, VII R 7/88; auch FG HH 25.4.1996, VII 39/94, EFG 1996, 733; 22.5.1997, II 22/95. EFG 1997, 1355) ausgegangen.
3.
Die Klägerin beruft sich darauf, dass die Einziehung von Säumniszuschlägen wegen der nicht ihr zur Last zu legenden Verzögerung des Zahlungsvorgangs sachlich unbillig sei. Eine solche Bewertung hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.
Eine sachliche Unbilligkeit liegt dann vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, hätte er sie geregelt, im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahmen entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einziehung den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht. Sie darf nicht den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen.
Bei der Entscheidung über eine Billigkeitsmaß...