Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Steuerbarkeit und Steuerpflicht bei Übertragung von Gesellschaftsanteilen an grundbesitzender Personengesellschaft zwischen Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Gehen mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter über, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch dann erfüllt, wenn ein Gesellschafter seinen Anteil von 50 % an seinen Ehegatten veräußert hat. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet insoweit keine einschränkende Auslegung.
Das gilt auch dann, wenn der erwerbende Ehegatte den Anteil fortan treuhänderisch für den veräußernden Ehegatten hält.
Die Grunderwerbsteuer ist allerdings gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG in Höhe von 50 % nicht zu erheben.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a S. 1, § 3 Nr. 4, § 6 Abs. 3, § 13 Nr. 6, § 17 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 3a; GG Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an der Klägerin in Bezug auf deren Grundstücke einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang darstellte und ob dieser Vorgang ggf. insoweit steuerfrei ist, als ein Gesellschafter seinen Anteil an seine Ehefrau veräußerte.
I.
Die Klägerin wurde am ... 2004 gegründet. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die Grundstücksgesellschaft A mbH (vgl. Handelsregisterauszug, Finanzgerichtsakten -FGA- vor Bl. 1), die am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt ist. Mit einer Kommanditeinlage von je Euro 25.000,00 beteiligt waren bei Gründung die Kommanditisten B und C. Letzterer ist auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.
Die Klägerin erwarb durch Auflassung vom 20. August 2004 die Grundstücke X-Straße 1 (Grundbuch von D Bl. ..., Feststellungs-Grunderwerbsteuerakten -FestA- Bl. 13 ff.), X-Straße 3 (Grundbuch von D Bl. ..., FestA Bl. 27 ff.) und Y-Straße (Grundbuch von D Blatt ..., FestA Bl. 39 ff.). Der Eigentumsübergang wurde jeweils am ... Juli 2005 im Grundbuch eingetragen.
II.
Herr B trat seinen Kommanditanteil mit Wirkung zum ... Oktober 2005 an Frau E, die Ehefrau des Herrn C, ab (vgl. Handelsregisteranmeldung vom ... 2005, FestA Bl. 2 f.). Die Abtretung wurde am ... 2005 in das Handelsregister eingetragen.
Am ... März 2006 trat Herr C seinen Kommanditanteil ebenfalls an Frau E ab (Handelsregisteranmeldung vom ... 2006, FestA Bl. 4). Diese Abtretung wurde am ... 2006 in das Handelsregister eingetragen.
III.
Auf die mit Schreiben vom 20. Juli 2006 geäußerte Bitte des Beklagten um diverse Auskünfte zur Prüfung der Frage, ob ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang verwirklicht worden sei, reichte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 2006 einen auf den 27. März 2006 datierten, zwischen den Eheleuten C/E geschlossenen Treuhandvertrag ein (FestA Bl. 11 ff.). Hierin war vereinbart, dass Frau E den von Herrn C übernommenen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für Herrn C halten und die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis im Innenverhältnis im Auftrag, für Rechnung und entsprechend den Weisungen des Herrn C wahrnehmen solle. Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen.
Der Beklagte erließ am 03. Januar 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Feststellungsbescheid gemäß § 17 Abs. 3a Grunderwerbsteuergesetz (-GrEStG-; FestA Bl. 64 f.). Hierin stellte er fest, dass durch die Veräußerung des Kommanditanteils am ... März 2006 ein vollständiger Gesellschafterwechsel stattgefunden habe und somit der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden sei. Das zuständige Finanzamt D habe der Besteuerung für jedes der drei Grundstücke der Klägerin den Wert gemäß § 138 BewG zu Grunde zu legen. Gemäß § 6 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG sei die Grunderwerbsteuer allerdings in Höhe von 50 % nicht zu erheben, da Frau E die Ehefrau des Veräußerers sei.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Februar 2007 (FestA Bl. 73) Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 30. März 2007 mangels Begründung als unbegründet zurückwies.
Am 09. Februar 2009 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid (FestA Bl. 103 f.) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. In diesem Bescheid ging der Beklagte davon aus, dass die Grunderwerbsteuer in voller Höhe zu erheben sei.
Die Klägerin legte gegen den Änderungsbescheid mit Schreiben vom 09. März 2009 (FestA Bl. 106) Einspruch ein. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG sei nicht erfüllt, da der Veräußerer, Herr C, aufgrund des Treuhandverhältnisses nach wie vor an der Gesellschaft beteiligt sei. Darüber hinaus entbehre die Verböserung einer Rechtsgrundlage.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 als unbegründet zurück. Durch die Übertragung der Kommanditbeteiligungen auf Frau E seien innerhalb von fünf Jahren 100 % der Gesellschaftsanteile an der Klägerin übertragen und damit der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden. Dabei sei allein auf ...