Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherhebung von Einfuhrzoll aufgrund neu berechneten Zollwerts nach Erstattung von Antidumpingzoll
Leitsatz (amtlich)
Entfällt die Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Antidumpingzolls durch Ungültigerklärung der zugrunde liegenden Antidumpingverordnung durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und wird infolge dessen der auf eingeführte Waren erhobene Antidumpingzoll erstattet, so ist der Zollwert neu zu berechnen und Einfuhrzoll nachzuerheben, wenn der Antidumpingzoll im Rahmen der ursprünglichen Zollwertberechnung gemäß Art. 33 Buchst. f) ZK als Einfuhrabgabe nicht in den Zollwert einbezogen worden war.
Normenkette
ZK Art. 29, 33 Buchst. f), Art. 220 Abs. 1, 2 Buchst. a)
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Zolllagers. Sie überführte im Zeitraum Januar 2012 diverse Partien Mandarinenkonserven aus der Volksrepublik China (als Beendigung jeweiliger Zolllagerverfahren) in den freien Verkehr. Der Beklagte setzte daraufhin mit Einfuhrabgabenbescheid vom 01.02.2012 (AT/G/40/...) Einfuhrabgaben fest, u. a. ZollEU sowie Antidumpingzoll nach der Verordnung (EG) Nr. 1355/2008 des Rates vom 18.12.2008 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter zubereiteter oder haltbar gemachter Zitrusfrüchte (Mandarinen usw.) mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. Nr. L 305/35) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 1355/2008 -. Bei der Ermittlung des Zollwerts wählte die Klägerin bei der Abfertigung zum freien Verkehr jeweils die Weiterverkaufsrechnung ihres Lagerkunden, der A KG (GmbH & Co.), in der bereits sämtliche Einfuhrabgaben einschließlich des Antidumpingzolls enthalten waren. Zugrunde gelegt wurde jeweils der Gesamtnettowarenwert der beigefügten Weiterverkaufsrechnungen abzüglich Zoll, Antidumpingzoll und innergemeinschaftlicher Kosten (Beträge für Umschlagentgelt und Containerumfuhr sowie für LKW-Fracht). Der Nachweis für die zwischen dem Lagerkunden und dem Kaufvertragspartner des Lagerkunden vereinbarte Lieferbedingung "DDP" (Delivered Duty Paid = geliefert, verzollt) wurde von der Klägerin im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den streitgegenständlichen Nacherhebungsbescheid vorgelegt.
Mit Urteil vom 22.03.2012 (Rs. C-338/10, in: juris) erklärte der Europäische Gerichtshof die VO (EG) Nr. 1355/2008 für ungültig. Auf Antrag der Klägerin erstattete der Beklagte daraufhin mit Einfuhrabgabenbescheid vom 25.05.2012 Antidumpingzoll in Höhe von 64.433,28 EUR.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 02.07.2012 setzte der Beklagte gegen die Klägerin zunächst 9.084,95 EUR ZollEU im Wege der Nacherhebung nach Art. 220 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 302/1, ber. ABl. 1993 Nr. L 79/84, ABl. 1996 Nr. L 97/38 und Nr. L 321/23, m. spät. Änd.) - im Folgenden: ZK - fest. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Zollwerte des vorgehenden Einfuhrabgabenbescheides auf der Grundlage innergemeinschaftlicher Kaufgeschäfte im Sinne von Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 1, Satz 2, 2. Alt. der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 02.07.1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 253/1, ber. ABl. 1994 Nr. L 268/32, ABl. 1996 Nr. L 180/34, ABl. 1997 Nr. L 156/59, ABl. 1999 Nr. L 111/88, m. spät. Änd.) - im Folgenden: ZK-DVO - ermittelt worden seien. Da diese Kaufgeschäfte mit der Lieferbedingung "DDP" abgeschossen worden seien, seien bei der Ermittlung der Zollwerte gemäß Art. 33 Buchst. f) ZK die zu zahlenden Einfuhrabgaben (Einfuhrzoll und Antidumpingzoll) nicht in die Zollwerte einbezogen worden. Nach dem Wortlaut der Regelung sei bei der Berichtigung des tatsächlich gezahlten Preises auf die tatsächlichen gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben abzustellen und nicht auf die von den Vertragsparteien erwarteten bzw. kalkulierten. Da die Antidumpingzölle nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22.03.2012 nicht zu erheben gewesen seien, könnten sie auch nicht im Rahmen des Art. 33 Buchst. f) ZK Berücksichtigung finden und mithin nicht vom tatsächlich gezahlten Preis abgezogen werden, so dass die Zollwerte neu zu berechnen seien.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie damit begründete, dass sich aus Art. 33 Buchst. f) ZK nicht ergebe, dass der Antidumpingzoll vom Zollwert abzuziehen sei. Nach dem Wortlaut der Bestimmung habe der Antidumpingzoll "nicht in den Zollwert einbezogen" werden dürfen. Der Antidumpingzoll erhöhe den Zollwert unter den Voraussetzungen des Art. 33 ZK nicht. Infolgedessen könnten sein Wegfall und seine Erstattung nicht zu einer Erhöhung des Zollwerts führen. Dafür spreche auch die Kontrollüberlegung, dass, hätte es einen Antidumpingzoll von vornherein nicht gegeben, der Verkaufspreis und damit der auf dieser Grundlage angeme...