Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollwert: Unwirksame Klagerhebung; begründete Zweifel am angemeldeten Zollwert; Folgemethoden
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Klage kann nicht wirksam durch einen Prozessbevollmächtigten erhoben werden, der seine Bevollmächtigung nicht nachgewiesen hat. Eine gestempelte Unterschrift, deren Linien nachgezogen wurden, stellt keine handschriftliche Unterschrift dar.
2. Werden bei Einfuhren von marktgängigen Textilien aus der Volksrepublik China Transaktionswerte angemeldet, die um ein Vielfaches unter den Durchschnittswerten liegen, darf die Zollverwaltung jedenfalls dann begründete Zweifel am angemeldeten Zollwert haben, wenn der Grund für den besonders niedrigen Preis (hier: Notverkauf auf hoher See) nicht plausibel gemacht worden ist, weil insbesondere Vertragsunterlagen nicht im Original und nur mit gestempelten Unterschriften sowie ein Order-Konnossement ohne Empfängerangabe eingereicht wurden und die Ermittlungen der russischen und polnischen Behörden ergaben, dass die an dem angeblichen Notgeschäft beteiligten Unternehmen keine Wirtschaftstätigkeit entfalteten, die das Notgeschäft plausibel machen.
Normenkette
FGO § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 6; AO § 367 Abs. 2 S. 2; ZPO § 85 Abs. 1 S. 1; ZK Art. 29, 31; ZKDV Art. 181a, 178 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Zollwertfestsetzung im Rahmen der Überführung von Textilien in den zollrechtlich freien Verkehr.
Die Klägerin meldete mit der Zollanmeldung Nr. AT/C/.../...1 am 02.09.2011 eine aus drei Positionen bestehende Sendung mit Textilien chinesischen Ursprungs zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung in das Bestimmungsland Polen an. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Waren:
Warenbezeichnung |
KN-Nummer |
Gewicht/ kg |
Stück |
Preis (€) / Stk. |
Preis (€) / kg |
Herrenstrumpfhosen |
(Pos. 1) |
6103 4200 |
8.480 |
53.640 |
0,17 |
1,10 |
Frauenstrumpfhosen |
(Pos. 2) |
6104 6200 |
4.420 |
27.960 |
0,16 |
1,01 |
Frauenstrumpfhosen |
(Pos. 3) |
6115 2900 |
5.100 |
33.000 |
0,21 |
1,39 |
Die Klägerin legte eine Handelsrechnung/Packliste vom 22.08.2011 vor, nach der die ... "A" in der X-Straße, Apartment ..., in B die Ware zum CIF-Preis von 30.070,80 US-$ an die Klägerin verkauft habe. Das Konnossement (bill of lading) vom 26.07.2011 - dem Tag der Verladung in China - enthält im Feld 2 (consignee) den Eintrag "to order". Im Feld 3 (notify party) ist unter Angabe einer P-er Adresse das Unternehmen "C ..." (im Folgenden: C) genannt. Das Ursprungszeugnis vom 15.08.2011 enthält in Feld 2 (consignee) ebenfalls den Eintrag "to order".
Da die angemeldeten Zollwerte die von der Zollverwaltung auf Basis der Atlas-Importdaten 2010 ermittelten Vergleichswerte erheblich unterschritten, ordnete der Beklagte eine Zollbeschau mit Probenentnahme an. Da er danach weiter ernstliche Zweifel am angemeldeten Zollwert hatte, erhob er mit Steuerbescheid Nr. AT/C/.../...1 vom 02.09.2011 nicht abschließend Einfuhrabgaben in Höhe von 17.366,11 € und setzte eine Sicherheit fest in Höhe der Differenz zwischen den angemeldeten Zollwerten und der Zollwerte, die sich bei Anwendung der Vergleichswerte ergaben.
Gegen die Festsetzung der Sicherheit legte die Klägerin durch ihre damalige Zollvertreterin mit Schreiben vom 15.09.2011 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 18.10.2011 legte sie weitere, als Originale bezeichnete Unterlagen vor. Neben der bereits in Schwarzweiß-Kopie vorgelegten invoice/packing list und der Warenbeschreibung reichte sie eine trade offer vom 17.08.2011 ein. Sie enthalten jeweils einen Stempel der A, den gestempelten Namen "D" sowie eine unleserliche Unterschrift. Die trade offer enthält zusätzlich einen Stempel der Klägerin, den gestempelten Namen "E" mit einer gleichlautenden Unterschrift. Weiter wird ein Zahlungsnachweis, der Bank-1 vorgelegt, nach dem die Klägerin an die A am 22.09.2011 30.070,80 € überwiesen habe.
Mit Einfuhrabgabenbescheid Nr. AT/S/.../...2 vom 16.01.2012 setzte der Beklagte abschließend Zoll in Höhe von 10.002,24 € fest. Da nach Durchführung des Verfahrens nach Art. 181a Abs. 2 ZK-DVO begründete Zweifel am angemeldeten Transaktionswert fortbestanden hätten, werde der Zollwert gemäß Art. 31 ZK festgesetzt. Anhaltspunkte für eine Zollwertermittlung nach Art. 30 ZK lägen nicht vor. Gegenüber der Berechnung der Sicherheit sei der Zollwert herabzusetzen, weil eine weitere Warenprüfung ergeben habe, dass die Ware Verarbeitungsmängel aufweise und daher nur von mittlerer Qualität sei.
Gegen diesen Einfuhrabgabenbescheid legte die Klägerin, nunmehr vertreten durch die F, vertreten durch den Geschäftsführer G, mit Schreiben vom 08.02.2012 Einspruch ein. Eine von den Anmeldedaten abweichende Festsetzung des Zollwertes sei nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe die Ware von dem in B ansässigen Unternehmen A erworben, das schon mehrfach solche Geschäfte vermittelt habe. Der Verkäufer der Ware habe die Ware rasch veräußern müssen, weil die ursprüngliche Käuferin, die C, nach der Verschiffung unerwartet vom Kauf zurückgetreten sei. Wie übl...