Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 63/24)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht: Vorlage von Original-Präferenznachweisen im Rahmen einer Prüfung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Präferenznachweis ist grundsätzlich im Original aufzubewahren und auf Anforderung der Zollbehörden vorzulegen; Kopien sind nicht ausreichend.

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 23. Februar 1995, C-334/93, Bonapharma, auf Grund des Vorliegens ganz außergewöhnlicher Umstände von der Vorlage von Original-Präferenznachweisen abzusehen ist.

3. Bedient sich der Anmelder im Rahmen der Zollabfertigung eines Zollvertreters und übergibt diesem die Original-Präferenznachweise, liegen bei späterem Verlust der Original-Präferenznachweise außergewöhnliche Umstände regelmäßig nicht vor, denn sowohl die rechtzeitige Rückgabe der Original-Präferenznachweise als auch ggf. die Beschaffung von Ersatz-Präferenznachweisen liegen allein im Verantwortungsbereich des Anmelders.

 

Normenkette

UZK Art. 48, 77, 101-102, 163; AO § 147

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer beantragten Präferenzbehandlung sowie die hiermit verbundene Nacherhebung von ZollEU und die Festsetzung von Verzugszinsen bei der Einfuhr von Wasserpfeifentabak.

Beim Kläger wurde im Jahr 2020 durch den Beklagten, in dessen Bezirk der Kläger seinen Sitz hat, eine Zollprüfung für das Jahr 2017 durchgeführt und im Rahmen der Prüfung folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Kläger bezog im Jahr 2017 insgesamt drei Lieferungen von Wasserpfeifentabak von einem Verkäufer aus Jordanien. Die Lieferungen wurden über ... in die EU transportiert und beim Hauptzollamt A, Zollamt B, mit drei Zollanmeldungen jeweils zur Überlassung in den Freien Verkehr der EU angemeldet. Zu jeder Zollanmeldung wurde jeweils ein Präferenznachweis in Form einer Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mitangemeldet:

  • mit Zollanmeldung vom 18. September 2017 (Registriernummer AT/C/XXX/2017/XXX-1) als Präferenznachweis eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit der Nummer xxx-1
  • mit Zollanmeldung vom 1. November 2017 (Registriernummer AT/C/XXX/2017/XXX-2) als Präferenznachweis eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit der Nummer xxx-2 und
  • mit der Zollanmeldung vom 4. Dezember 2017 (Registriernummer AT/C/XXX/2017/XXX-3) als Präferenznachweis eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit der Nummer xxx-3.

Die Abgabe der Zollanmeldungen erfolgte jeweils durch die C GmbH (C) als zollrechtlichen Vertreter des Klägers. Im Rahmen der Einfuhrabfertigung beim Zollamt B wurden die angemeldeten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 weder durch das Zollamt im Original angefordert noch durch den Kläger oder seinen Vertreter, die C, vorgelegt. Die durch den Kläger beantragte Präferenzbehandlung wurde gewährt und der Wasserpfeifentabak durch das Zollamt zum Präferenzzollsatz (0 %) in den Freien Verkehr überlassen.

Im Rahmen der im Jahr 2020 durchgeführten Zollprüfung verlangte der Beklagte die Vorlage der Originale der Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 mit den Nummern xxx-1, xxx-2 und xxx-3. Diese konnte der Kläger jedoch nicht vorgelegen.

Auf der Basis dieses Sachverhalts erließ der Beklagte den angefochtenen Einfuhrabgabenbescheid vom 2. September 2020 (AT/S/XXX/2020/XXX-4) und erhob für die drei Zollanmeldungen vom 18. September, 1. November und 4. Dezember 2017 unter Zugrundelegung eines Drittlandszollsatzes von 74,9 % ZollEU in Höhe von ... EUR nach. Darüber hinaus setze der Beklagte Verzugszinsen für ZollEU in Höhe von ... EUR fest. Einfuhrumsatzsteuer wurde nicht erhoben, da der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger, unzutreffend auf den 27. Juni 2020 datiert, Einspruch ein, der am 7. Oktober 2020 bei dem Beklagten einging. Er habe die angeforderten Original-Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 bei der Beauftragung im Jahr 2017 an seinen Zollvertreter C übergeben. Diese habe er bis heute nicht zurückerhalten. Die Rückgabe der Originale habe er mehrfach versucht zu erreichen, sei aber erfolglos geblieben. Es komme hinzu, dass die C mittlerweile insolvent sei und auch der Insolvenzverwalter die Originale nicht herausgebe oder herausgeben könne. Er legte Kopien der angeforderten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 vor. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und nationaler Gerichte sei es möglich, im Ausnahmefall eine beantragte Präferenz auch ohne die Vorlage von Original-Präferenznachweisen zu gewähren, wenn außergewöhnliche Umstände vorlägen. Solche Umstände lägen auf Grund der Insolvenz der C vor. Das Verschulden der C, die Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 nicht herausgeben zu können, sei ihm - dem Kläger - nicht anzulasten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2021 (Az. S XXX B - XXX - RL xxx/20), dem Kläger zugegangen am 19. Februar 2021, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Da der Kläger die angemeldeten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 nicht im Original vorgelegt habe, könne die beantrag...

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