Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Lohnsteuerpflicht einer im französischen Grenzgebiet wohnenden Deutschen
Leitsatz (redaktionell)
Lohnsteuerpflicht einer im französischen Grenzgebiet wohnenden Deutschen, die bei einer Ersatzkasse beschäftigt ist.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 2, § 38b S. 2, § 39c Abs. 3; DBA FRA Art. 13 Abs. 5, Art. 14
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Arbeitslohn der Klägerin dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegt, und ob bejahendenfalls die Steuerklasse III anzuwenden ist.
Die Klägerin wohnt seit mehreren Jahren mit ihrem Ehemann in Frankreich im Grenzgebiet zu Deutschland. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Der Ehemann ist bei einer GmbH in Karlsbad beschäftigt und hat vom für den Arbeitgeber zuständigen Finanzamt eine Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 EStG erhalten, wonach bei ihm bis zum 31. Dezember 1999 vom Lohnsteuerabzug abgesehen werden kann. Die Klägerin ist seit dem 1. September 1971 bei der ... Krankenkasse (im folgenden: Krankenkasse), einer gem. § 1 Abs. 2 ihrer Satzung bundesunmittelbaren rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, in Karlsruhe beschäftigt, die sich ebenfalls im deutsch-französischen Grenzgebiet befindet. Der Beklagte erteilte ihr antragsgemäß mehrere Jahre hintereinander Bescheinigungen, durch die ihr Arbeitslohn aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) vom (inländischen) Steuerabzug freigestellt wurde. Die letzte derartige Bescheinigung datiert vom 24. Februar 1999; sie ist mit einem Widerrufsvorbehalt versehen.
Mit Schreiben vom 9. März 1999, das an die Krankenkasse adressiert war und bei dieser am 11. März 1999 einging, hob der Beklagte die Bescheinigung nach Artikel 13 Abs. 5 DBA Frankreich vom 24. Februar 1999 ab dem 1. Januar 1999 auf und ersetzte sie durch eine "Bescheinigung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer", wonach für die Klägerin Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag vom 1. Januar bis 31. Dezember 1999 nach der Steuerklasse I/0 einzubehalten sei. Eine Kopie dieses Schreibens wurde am 11. März 1999 an die Klägerin abgesandt. In einem weiteren an die Krankenkasse gerichteten Schreiben vom 11. März 1999 erläuterte der Beklagte seine Maßnahme dahin, dass die sogenannte Grenzgängerregelung des Doppelbesteuerungsabkommens nicht für Arbeitnehmer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gelte. Die Gehälter dieser Arbeitnehmer seien nach dem Kassenstaatsprinzip dort zu versteuern, wo die Körperschaft ihren Sitz habe. Die betroffenen Arbeitnehmer seien gemäß § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Inland beschränkt einkommensteuerpflichtig, so dass der Lohnsteuerabzug nach § 39d EStG zu erfolgen habe. Der Beklagte teilte weiter mit, dass auf Antrag eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 i.V.m. § 39c Abs. 4 EStG erteilt werden könne, wenn die gesamten Einkünfte, einschließlich der des Ehegatten, im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterlägen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 12.000 DM oder bei Ehegatten 24.000 DM betrügen. Am 11. März 1999 sandte der Beklagte das Schreiben und die Bescheinigung nochmals an die Krankenkasse ab. Eine Rechtsmittelbelehrung war keinem dieser Schreiben beigefügt.
Gegen die Bescheide vom 9. und 11. März legte die Klägerin mit Schreiben vom 20. Mai 1999 am 26. Mai 1999 Einspruch ein. Der Bescheid sei nicht wirksam bekanntgegeben worden. Statt an die Krankenkasse - Hauptabteilung Hamburg - hätte er an sie - die Klägerin - bekanntgegeben werden müssen. Die sogenannte Grenzgängerregelung in Art. 13 Abs. 5 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland/Frankreich gehe als spezielle Regelung dem Kassenstaatsprinzip vor. Der Art. 14 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland/Frankreich beziehe sich lediglich auf Gebietskörperschaften, zu denen Krankenkassen nicht gehörten. Jedenfalls sei ihre Einordnung in die Lohnsteuerklasse I unrichtig, da sie verheiratet sei und sich die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG richte.
Mit Schreiben vom 28. Juni 1999 stellte die Klägerin einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung und beantragte, in die Lohnsteuerklasse III eingeordnet zu werden. Für ihren Ehemann legte sie die Kopie der vom Finanzamt F an dessen inländischen Arbeitgeber gerichteten Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 EStG vor und vertrat die Auffassung, aus § 38b Satz 2 Nr. 2 EStG ergebe sich nicht, dass sie wegen der Steuerbefreiung ihres Ehemannes nicht in die Steuerklasse III gehöre. Am 30. Juni 1999 erteilte der Beklagte der Klägerin eine Bescheinigung über den Lohnsteuerabzug nach § 1 Abs. 2 i.V.m. § 39c Abs. 3 EStG, wonach für das gesamte Jahr 1999 für den Steuerabzug vom Arbeitslohn die Steuerklasse I/0 gelte und bei der Berechnung der Lohnsteuer monatlich 761 DM (insgesamt 9.140 DM) als steuerfrei abzuziehen seien; hinsichtlich der Höhe ...