Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH IV B 139/13)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Gewerbesteuer: Betriebsaufspaltung: Keine personelle Verflechtung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Minderheitsgesellschafter, dem gem. § 710 BGB die Geschäftsführung übertragen wurde, beherrscht die Besitz-GbR nicht ohne weiteres, da ihm die Geschäftsführungsbefugnis gem. § 712 Abs. 1 BGB wieder entzogen werden kann.
2. Liegt einer unwiderruflich erteilten Stimmrechtsvollmacht keine Kausalvereinbarung (z. B. Auftrag gem. § 662 BGB) zugrunde, ist sie gleichwohl frei widerruflich.
Normenkette
GewStG § 3 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1; BGB § 712
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in den Streitjahren 2006 bis 2009 die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorlagen mit der Folge, dass die Klägerin gewerbliche Einkünfte erzielte.
I.
1. 1. a. Die klagende GbR wurde mit notariell beurkundetem Vertrag vom … 1993 (Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband Bl. 45 ff.) gegründet. Gesellschafter waren Frau A (im Folgenden: Geschäftsführerin) und ihre Mutter Frau B (im Folgenden: Mutter), die jeweils zu 40% am Gesellschaftsvermögen beteiligt waren, sowie Frau W (im Folgenden: Adoptivmutter) und Herr W (im Folgenden: Herr W) mit einer Beteiligung von jeweils 10%.
Die Beteiligungsverhältnisse bei Gründung der GbR:
Geschäftsführerin |
Mutter |
Herr W. |
Adoptivmutter |
40 % |
40 % |
10 % |
10 % |
b. Gesellschaftszweck ist gemäß § 1 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages der Kauf eines Grundstücks von der Freien und Hansestadt Hamburg in der X-Straße, … Hamburg, sowie der Bau eines Büro- und Lagerhauses sowie die Vermietung und Verwaltung von Grundvermögen. Des Weiteren enthält der Gesellschaftsvertrag folgende Bestimmungen:
§ 3
1. Die laufende Geschäftsführung wird hiermit der Geschäftsführerin Frau A übertragen. Die Geschäftsführerin kann die Gesellschaft allein vertreten. Die anderen Gesellschafter sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen.
2. Bei Übernahme von Verbindlichkeiten durch die Gesellschaft, die im Einzelfall oder zusammen einen Betrag von 20.000,-- DM übersteigen, ist eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Dies gilt auch für zu bestätigende Order in der Höhe von mehr als 20.000,-- DM.
§ 4
Sämtliche Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Hierbei verteilen sich die Stimmen auf die Gesellschaftsanteile, dabei entspricht 1 % des Gesellschaftskapitals einer Stimme. (...)
§ 5
1. Die BGB-Gesellschafter haben untereinander das Vorkaufsrecht. Dieses Vorkaufsrecht ist nicht abdingbar. (…)
2. Soweit die Gesellschafterversammlung nicht zustimmt, hat sich der verkaufswillige Gesellschafter an die Kündigungsfristen des § 6 dieses Vertrages zu halten.
§ 6
1. Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren zum 31. Dezember eines jeden Jahres kündigen.
(…)
Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen.
2. Die Klägerin errichtete im Jahre 1994 auf dem Grundstück in der X-Straße ein kombiniertes Büro- und Lagerhaus und vermietete das Gebäude nach Fertigstellung an die D GmbH (im Folgenden: GmbH) und weitere Mieter. An der GmbH ist die Geschäftsführerin der Klägerin seit 1999 mit 70% beteiligt. Sie ist auch Geschäftsführerin der GmbH. Die übrigen Geschäftsanteile an der GmbH in Höhe von 30% werden von zwei natürlichen Personen gehalten, die nicht an der Klägerin beteiligt sind.
3. Aufgrund des Todes von Herrn W. veränderten sich im … 2002 die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin in der Weise, dass die Mutter zu 45% und die Adoptivmutter zu 15% an der Klägerin beteiligt waren; der Anteil der Geschäftsführerin blieb unverändert bei 40%.
Die Beteiligungsverhältnisse im Jahr 2002:
Geschäftsführerin |
Mutter |
Herr W. |
Adoptivmutter |
40 % |
40 % |
10 % |
10 % |
Geschäftsführerin |
Mutter |
Adoptivmutter |
40 % |
45 % |
15 % |
4. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.09.2003 (FGA Anlagenband Bl.50 ff.) übertrug die Geschäftsführerin ihrer Tochter Frau E (im Folgenden: Tochter) ihren Anteil an der Klägerin als Maßnahme vorweggenommener Erbfolge.
Des Weiteren enthält der Vertrag folgende Bestimmungen:
§ 3 Nießbrauchsrecht
Die Erschienene zu 1. [Geschäftsführerin] behält sich an dem übertragenen Gesellschaftsanteil das lebenslängliche Nießbrauchsrecht vor. Soweit gesetzlich zulässig, soll das Stimmrecht zu Gesellschafterbeschlüssen allein der Nießbrauchsberechtigten zustehen. Vorsorglich erteilt die Erschienene zu 2. [Tochter] der Erschienenen zu 1. eine umfassende Stimmrechtsvollmacht, die insbesondere auch zur Vertretung berechtigt bei Beschlüssen, die die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses berühren. Die Vollmacht ist bis zur Beendigung des Nießbrauchs unwiderruflich und gilt über den Tod der Vollmachtgeberin hinaus. (…)
Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen.
Die Beteiligungsverhältnisse im Jahr 2003:
Geschäftsführerin |
Mutter |
Adoptivmutter |
40 % |
45 % |
15 % |
(noch nicht genehmigt) |
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|
Tochter |
Mutter |
Adoptivmutter |
40 % |
45 % |
15 % |
5. Die Mutter war mit den Re...