Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert bei beantragter Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Gegenstandswert bei Streit über die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ist der Auffangstreitwert, es sein denn, es wird substantiiert vorgetragen, dass die Ausschüttung eines Gewinns in einer bestimmten Höhe beabsichtigt gewesen war und dies nur wegen der fehlenden Freistellungsbescheinigung unterblieben ist.
Normenkette
GKG § 52; EStG § 50d Abs. 2
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des für die Gebührenbemessung maßgeblichen Gegenstandswertes.
Im Hauptsacheverfahren stritten die Beteiligten über die Frage, ob der Erinnerungsführerin eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 50d Abs. 2 EStG entsprechend ihrem Antrag zu erteilen war. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wurden die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsgegner auferlegt.
Am 16.05.2018 stellte die Erinnerungsführerin einen Kostenfestsetzungsantrag, welchem sie einen Gegenstandswert i.H.v. 54.332 € zugrunde legte und davon ausgehend außergerichtliche Kosten in einer Gesamthöhe von 2.456,95 € geltend machte.
Im Rahmen einer Erörterung wandte der Erinnerungsgegner ein, dass nur von dem Mindeststreitwert i. H. v. 1.500 € als Bemessungsgrundlage auszugehen sei. Es sei tatsächlich zu keinen Ausschüttungen gekommen, so dass letztlich ein Streitwert von 0,– € gegeben sei. Auch in den Jahren 2013-2016 seien keine Ausschüttungen vorgenommen worden.
Die Erinnerungsführerin teilte mit, dass im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses 2012 diskutiert worden sei, das handelsrechtliche Kapital i.H.v. 286.742,07 € auszuschütten. Dies sei durch den Erinnerungsgegner verhindert worden. Die Bemessungsgrundlage stelle somit das ausschüttbare Kapital dar. Der Streitwert betrage 25 % hiervon, also 71.544,37 €. Bislang sei fehlerhafterweise von 15 %, also 54.332 €, ausgegangen worden.
Mit Beschluss vom 20.9.2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten auf 706,50 € fest. Bei der Bemessung ging sie von einem Gegenstandswert von 5.000 € aus. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass die Ausführungen der Erinnerungsführerin zu Gewinnausschüttungen rein hypothetischer Natur gewesen seien. Mangels Gewinnausschüttungen sei keine bezifferbare Steuerersparnis zu erkennen.
Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit ihrer Erinnerung vom 06.09.2018.
Zur Begründung trägt sie vor, dass ein Ansatz der Gebühren auf Basis eines Gegenstandswertes von 71.544,37 € gerechtfertigt sei. Die Freistellung nach § 50d Abs. 2 EStG ziele ausschließlich darauf ab, die Abzugssteuern nach Abs. 1 bei einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung zu vermeiden. Ohne Freistellung müsse bei einer Ausschüttung die Abzugssteuer angemeldet und abgeführt werden, um sodann eine Erstattung zu beantragen. Bei einem Antrag auf Erstattung verblieben beim Kläger sowohl das Prozessrisiko als auch die Kapitalbindung der angemeldeten Steuer. Aus diesem Grund sei beschlossen worden, Kapital nicht auszuschütten. Der dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu Grunde liegende Denkansatz habe zur Folge, dass grundsätzlich immer nur eine Mindestgebühr in Ansatz gebracht werden könne, da in Fällen wie dem vorliegenden eine sich selbst ausschließende Bedingung gegeben sei. Entweder werde das Kapital mit allen Folgen ausgeschüttet oder es werde eine Freistellung ohne Ausschüttung und damit auch ohne Bemessungsgrundlage beantragt.
Wegen der rechtswidrigen Umsetzung von § 50d Abs. 3 EStG sei die Ausschüttung von Kapital verhindert worden.
Der Erinnerungsgegner wiederholt im Wege der Anschlusserinnerung vom 7.11.2018 seine Auffassung, der Streitwert sei nach dem Mindeststreitwert zu bemessen. Maßgeblich sei die Sachbedeutung nach objektiver Beurteilung und nicht nach den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerungen sind zulässig. Die Anschlusserinnerung kann fristunabhängig erhoben werden (Brandis in Tipke/Kruse, § 149 FGO, Rn. 16 m. w. N.).
Die Erinnerung und die Anschlusserinnerung sind jedoch unbegründet.
Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt die Erinnerungsführerin und den Erinnerungsgegner nicht in ihren Rechten. Die Erinnerungsführerin hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung eines höheren, über 5.000 € hinausgehenden Gegenstandswertes. Der Erinnerungsgegner hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines niedrigeren Gegenstandswertes.
Gemäß § 45 StBVV in Verbindung mit § 23 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Finanzgerichten der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei aber nicht die subjektive Bedeutung, die der Kläger der Sache beimisst, sondern der Wert, der sich bei objektiver Beurteilung der Sache ergibt (vgl. Bra...