Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs, Scheidungsfolgevereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ausgleichszahlungen, die im Rahmen einer Scheidungsfolgevereinbarung zur Abgeltung eines Anspruchs auf Versorgungsausgleich an den Ehegatten geleistet werden, können nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG berücksichtigt werden.
2) Ab dem Veranlagungszeitraum 2015 können Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nur noch unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG, insbesondere einer korrespondierenden Besteuerung beim zustimmungspflichtigen Empfänger, abgezogen werden.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1a Nr. 3, § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa), § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2016 über die Frage, ob eine Ausgleichszahlung des Klägers an seine Ehefrau im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung, zur Abgeltung eines Anspruchs auf Versorgungsausgleich, als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgezogen werden kann.
Der einzeln zur Einkommensteuer veranlagte Kläger war im Streitjahr 2016 nichtselbständig als Steuerberater tätig. Er ist 1974 geboren, leistete und leistet anstatt von Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung Zahlungen an das Versorgungswerk der Steuerberater Nordrhein-Westfalen und wird nach derzeitigem Rechtsstand mit 67 Jahren im Jahre 2041 die Regelaltersgrenze erreichen und Renteneinkünfte erzielen.
Im … 2015 (d.h. im Vorjahr zum Streitjahr) trennten sich der Kläger und seine Ehefrau. Die Ehe war im Streitjahr noch nicht geschieden. Mit notarieller Scheidungsfolgevereinbarung vom … vor dem Notar G in L (UR …; siehe Bl. 44 ff. der Gerichtsakte) vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau, neben weiteren vermögensrechtlichen und sonstigen Fragen unter B.I.3. der Vereinbarung, dass die Ehefrau (laut Vertrag beamtenrechtliche Versorgungsansprüche) gegen den Kläger (laut Vertrag Versorgungsansprüche gegenüber dem Versorgungswerk der Steuerberater) einen Anspruch auf hälftigen Ausgleich des Versorgungswerk-Pensionsanspruches i.H.v. 77.720,37 € hat. Der Vertrag regelt hierzu:
„Wir schließen den Versorgungsausgleich für den Fall der Scheidung unserer Ehe bezüglich sämtlicher Anwartschaften, Anrechte und Ansprüche gegenseitig in vollem Umfang aus. Eine Abänderung dieser Vereinbarung wird ausgeschlossen. Zur Kompensation für den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vereinbaren wir, dass ein Betrag in Höhe der Differenz der Barwerte der Versorgungsansprüche auf den Ausgleichsanspruch gemäß vorstehender Ziffer 2. c) angerechnet wird. …”
Der Anspruch wurde beim ansonsten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung zugunsten des Klägers gegen seine Ehefrau bestehenden Anspruches zum Abzug gebracht, wodurch sich der Anspruch des Klägers gegen seine Ehefrau auf ca. 115.000 € verminderte.
In seiner Einkommensteuererklärung 2016 machte der Kläger den Betrag von 77.720,37 € als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend. Daneben wurde im Rahmen einer (auch von der Ehefrau unterschriebenen) Anlage U ein Sonderausgabenabzug für laufende Unterhaltsleistungen an die Ehefrau i.H.v. 11.221 € begehrt. Ein Sonderausgabenabzug für den abgefundenen Versorgungsausgleichsanspruch wird ausdrücklich nicht begehrt, auch liegt insoweit keine Zustimmung der Ehefrau zur korrespondierenden Besteuerung vor.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 17. Mai 2017 veranlagte der Beklagte den Kläger hinsichtlich des Abzugs der Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben und sonstiger Punkte antragsgemäß, berücksichtigte den begehrten Werbungskostenabzug jedoch nicht.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Mit Bescheid vom 5. Juli 2017 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Bescheid wurde zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage, in der er weiterhin einen Werbungskostenabzug und ausdrücklich keinen Sonderausgabenabzug begehrt. Er führt – zusammengefasst – unter Auseinandersetzung mit bisheriger BFH-Rechtsprechung sowie der Änderungen durch das Alterseinkünftegesetz und den steuersystematischen und verfassungsrechtlichen Implikationen des Konzepts der nachgelagerten Besteuerung an, dass die Zahlung einen Einkunftsbezug habe und mit den später zu erzielenden Renteneinkünften (aus dem Versorgungswerk) zusammenhinge. Dieser Erwerbszusammenhang sei gegenüber dem Sonderausgabenabzug vorrangig und es sei – wie früher vom BFH zu Ausgleichszahlungen beim beamtenrechtlichen Versorgungsausgleich entschieden – ein Werbungskostenabzug möglich. Hiermit korrespondiere die spätere Besteuerung beim Kläger selbst, welche bei Erreichen der Regelaltersgrenze im Jahre 2041 eine 100-prozentige Vers...