Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungszahlungen über mehrere Veranlagungszeiträume

 

Leitsatz (redaktionell)

Abfindungszahlungen, die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden (hier Altersteilzeit im Blockmodell), sind grundsätzlich nur dann ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte i.S.v. § 34 Abs. 1 und 2 EStG, wenn sie zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließen. Ob Hintergrund der Abfindungsleistung eine tarifvertragliche Bestimmung oder eine individuelle Verhandlung war, ist in diesem Zusammenhang unmaßgeblich.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1a

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids 2006.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger schloss mit seinem Arbeitgeber am 18.06.2002, am 13.12.2002 und zuletzt am 01.10.2004 Altersteilzeitarbeitsverträge mit Altersteilzeit im Blockmodell. Die Arbeitsphase nach dem letzten – maßgeblichen – Vertrag lief vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2004. Daran schloss sich eine Freistellungsphase bis zum 31.12.2006 an.

§ 3 Abs. 3 dieses Altersteilzeitarbeitsvertrages lautet:

„Neben der Abfindung nach § 5 Abs. 7 TV ATZ” (Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit) „erhält der Arbeitnehmer eine freiwillige Abfindung in Höhe von EUR 115.000,– brutto. Die Abfindung wird am 31.01.2005 nach Abzug der gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben in Form eines Einmalbetrages ausgezahlt. Die Abfindung nach § 5 Abs. 7 TV ATZ zzgl. einer weiteren freiwilligen Abfindung in Höhe von EUR 12.000,– werden im Dezember 2006 ebenfalls nach Abzug der gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben in Form eines Einmalbetrages ausgezahlt. (…)”.

Dem Altersteilzeitarbeitsvertrag waren Verhandlungen zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber vorausgegangen, in welchen auch die Zeitpunkte der Auszahlungen der nichttarifvertraglichen Abfindungsleistungen thematisiert wurden (vgl. die vom Kläger vorgelegten Unterlagen, Bl. 97-101 der Gerichtsakten zum Verfahren 10 K 699/08, die das Gericht beigezogen hat).

§ 5 Abs. 7 TV ATZ in der vom Kläger zu den Akten gereichten Fassung lautet:

„Arbeitnehmer, die nach Inanspruchnahme der Altersteilzeit eine Rentenkürzung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente zu erwarten haben, erhalten für je 0,3 v.H. Rentenminderung eine Abfindung in Höhe von 5 v.H. der Vergütung (…) und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen bzw. des Monatsregellohns (…) ggf. zuzüglich des Sozialzuschlags bzw. des Monatsgrundlohnes (…) und der ständigen Lohnzuschläge, die bzw. der dem Arbeitnehmer im letzten Monat vor dem Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zugestanden hätte, wenn er mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt gewesen wäre. Die Abfindung wird zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gezahlt.”

Die Abfindungen wurden entsprechend der vertraglichen Regelung ausgezahlt, wobei die gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ ausbezahlte Abfindung 7.981,14 EUR betrug. Diese Abfindung wurde zusammen mit der Abfindung i.H.v. 12.500,– EUR in einer Summe im Dezember 2006 an den Kläger überwiesen.

In seiner Steuererklärung für das Jahr 2005 beantragte der Kläger erfolglos den Abfindungsbetrag i.H.v. 115.000 EUR nach Abzug des steuerfreien Anteils gem. § 3 Nr. 9 EStG i.H.v. 11.000 EUR nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG zu versteuern. Ein unter dem Aktenzeichen 10 K 699/08 geführtes Klageverfahren endete durch Klagerücknahme.

Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 15.08.2007 erfasste der Beklagte sowohl die nach § 5 Abs. 7 TV ATZ gezahlte Abfindung in Höhe von 7.981,14 EUR als auch die Abfindung in Höhe von 12.500,– EUR als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und besteuerte diese mit dem normalen Steuersatz. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Bescheid vom 18.02.2008 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 26.02.2008 unter Hinweis auf das beabsichtigte Klageverfahren wegen der Einkommensteuerfestsetzung 2005 Einspruch ein. Die in dem Klageverfahren zu treffende Entscheidung sei danach maßgeblich für die Behandlung des Sachverhalts „Arbeitslohn für mehrere Jahre” auch im Streitjahr 2006.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2009 als unbegründet zurück. Die im Streitjahr gezahlte Abfindung erfülle nicht die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setze die Begünstigung nach § 34 EStG voraus, dass die gesamten Entschädigungsleistungen in einem Veranlagungszeitraum zuflössen und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstünden. Einer der eng begrenzten Ausnahmefälle, in denen die Steuerermäßigung auch bei Zufluss der Entschädigung in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen gewährt würde, läge nicht vor. Er verwies insoweit auf das Urteil des BFH vom 21.04.1993 (XI R 67/92). Die im Jahr 2006 ausgezahlten Abfindungszahlungen seien einheitlich zu beurteilen. Irrelevan...

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