Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei Duldung der Geschäftsführung durch einen Dritten (§ 69 AO)
Leitsatz (redaktionell)
Die Verantwortlichkeit eines alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich allein aus seiner nominellen Bestellung zum Geschäftsführer, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie auch tatsächlich ausgeübt wird oder ausgeübt werden kann. Der GmbH-Geschäftsführer kann sich nicht damit entschuldigen, er sei von der Führung der Geschäfte ferngehalten worden und die Geschäfte seien tatsächlich von einem anderen geführt worden.
Normenkette
AO 1977 §§ 69, 34
Tatbestand
Die Klägerin war von Sept. 1990 bis Juli 1996 alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Firma "...". Die Gesellschaft schuldete dem FA im Sept. 1995 u. a. rückständige Kraftfahrzeugsteuer aus dem Zeitraum 11/1990 bis 2/1992 von 4.660,42 DM zuzüglich verwirkter Säumniszuschläge von 2.378 DM. Beitreibungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft blieben erfolglos. Das FA erließ hierauf am 1. 9. 1995 einen auf die §§ 34 und 69 Abgabenordnung - AO - gestützten Haftungsbescheid gegen die Klägerin. Aufklärungsfragen des FA zur Haftungsinanspruchnahme hatte die Klägerin nicht beantwortet.
Gegen den Haftungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch: Sie habe in der fraglichen Zeit, in der die Steuerrückstände entstanden seien, die Firma nicht geführt. Zuständig sei ihr damaliger Ehemann gewesen, von dem sie inzwischen geschieden sei. Ihre Tätigkeit habe darin bestanden, Unterlagen einzuordnen. Über Geldmittel der GmbH habe sie nicht verfügen können. Alle Einnahmen habe ihr Ehemann vereinnahmt. Ein von ihm beauftragter Angestellter habe die Firma im Nov. 1991 eingestellt. Dieser habe auch die Fahrzeuge abmelden sollen.
Den Einspruch wies das FA mit Entscheidung vom 9. Sept. 1996 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.
Zur Begründung wiederholt die Klägerin im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Sie betont, daß der Containerdienst in der Verantwortung und alleinigen Tätigkeit ihres Ehemannes sowie seines Angestellten N gestanden habe. Auch für die Steuerzahlungen sei ihr Ehemann zuständig gewesen. Sämtliche Steuerbescheide, auch die Bescheide über die Kraftfahrzeugsteuer, seien an die Adresse ihres Ehemannes in ... gegangen. Sie könne nicht haftbar gemacht werden für Bescheide, die weder an sie gerichtet gewesen seien noch sie erreicht hätten.
Im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15. 10. 1996, 30. 12. 1996 und 25. 3. 1997 verwiesen.
Zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 1. 9. 1995 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18. 9. 1996 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Haftungsbescheid vom 1. 9. 1995 ist rechtmäßig. Nach § 69 Abgabenordnung - AO - haften die in den § 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin gegeben.
Unstreitig war die Klägerin zwischen Sept. 1990 und Juli 1996 alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der ... Als solche war sie verpflichtet, die der GmbH obliegenden Pflichten zu erfüllen. Zu diesen Pflichten gehörte auch die pünktliche Zahlung der fälligen Kraftfahrzeugsteuer. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin schuldhaft nicht nachgekommen.
Die Klägerin kann sich nicht damit entlasten, nicht sie, sondern ihr geschiedener Ehemann habe sämtliche Geschäftsführertätigkeiten ausgeübt. Nach einhelliger Rechtsauffassung ergibt sich die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH allein aus seiner nominellen Bestellung zum Geschäftsführer, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie auch tatsächlich ausgeübt wird oder ausgeübt werden kann (so u. a. BFH-Beschluß vom 25. April 1989 VII S 15/89, BFH/NV 1989, 757; BFH-Beschluß vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941 m. w. N.).
Der GmbH-Geschäftsführer kann sich nicht damit entschuldigen, er sei von der Führung der Geschäfte ferngehalten worden und die Geschäfte seien tatsächlich von einem anderen geführt worden. Duldet der Geschäftsführer die Geschäftsführung durch einen anderen, so hat er durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen dafür zu sorgen, daß dieser die steuerlichen Verpflichtungen der GmbH ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt. Kann der Geschäftsführer dieser Verpflichtung - aus welchen Gründen auch immer - nicht nachkommen, so wird er von seiner Verantwortlichkeit erst dadurch befreit, daß er von der Geschäftsführung der GmbH zurücktritt (so BFH-Urteil vom 23. März 1993 VII R 38/92, BFH/NV 1994, 71). Bis zu diesem Zeitpunkt...