Entscheidungsstichwort (Thema)
Lieferzeitpunkt und Lieferort in Verkaufskommissionsfällen
Leitsatz (redaktionell)
Bei Verkaufskommissionsgeschäften gilt die Lieferung des Kommittenten an der Verkaufskommissionär erst im dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem der Verkaufskommissionär das Kommissionsgut an den Abnehmer liefert. Der Lieferort bestimmt sich dann entsprechend.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 3
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen V R 6/11) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Vorsteuerabzug hinsichtlich der vom Kläger gezahlten Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG streitig.
Der Kläger handelt im Rahmen seines Unternehmens mit Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen.
Am 07.04.2002 schloss er mit der in A, Vereinigte Arabische Emirate, ansässigen Firma B eine Vereinbarung, in der er den Auftrag erhielt, die in der Anlage zu dieser Vereinbarung aufgeführten Gegenstände – hierbei handelte es sich um Teppiche – im eigenen Namen und für Rechnung der Firma B zu verkaufen. Dabei sollte der Kläger kein Eigentum an den übergebenen Waren erhalten, sondern diese sorgfältig in Verwahrung nehmen. Die Kosten des Transports sollte der Kläger tragen. Nach dieser Vereinbarung setzte die Firma B als Verkäufer die Verkaufspreise fest und der Kläger sollte die Differenz zum Verkaufspreis wirtschaftlich tragen.
Mit Abrechnung vom gleichen Tage stellte die Firma B dem Kläger für die zu verkaufenden Teppiche einen Betrag in Höhe von insgesamt 262.121,07 EUR in Rechnung.
Die Teppiche wurden im Laufe des Monats April 2002 nach Deutschland eingeführt. Über die Transportkosten erteilte das Luftfrachtunternehmen C dem Kläger am 15.05.2002 eine Rechnung. In den zollamtlichen Unterlagen wird die Firma B als Versender/Ausführer und der Kläger als Empfänger aufgeführt. In der Abgabenrechnung und ebenso in der Aufschubbescheinigung des Hauptzollamtes D vom 06.05.2002 wird der Kläger als Abgabenschuldner der Einfuhrumsatzschuldner genannt. Die dort mit insgesamt 42.989,73 EUR bezifferte Einfuhrumsatzsteuer wurde vom Kläger unstreitig gezahlt.
Im Rahmen seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr 2002 vom 24.09.2004 machte der Kläger die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 42.989,73 EUR als abziehbaren Vorsteuerbetrag geltend. Der Erklärung wurde seitens des Beklagten zugestimmt. Sie führte zu einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzung in Höhe von ./. 51.071,37 EUR.
Aufgrund Prüfungsanordnung vom 15.08.2008 begann der Beklagte am 07.10.2008 mit der Durchführung einer Betriebsprüfung beim Kläger, die auch die Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 betraf.
Gemäß Ziffer 2.7 des Betriebsprüfungsberichts vom 29.07.2009 gelangte der Beklagte dabei zu der Feststellung, dass der Kläger von der Firma B Teppiche im Werte von 262.871,07 EUR erhalten habe. Die darauf gezahlte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 42.989,73 EUR sei zum 01.07.2002 als voll abziehbare Einfuhrumsatzsteuer gebucht worden. Laut Kommissionsvertrag vom 07.04.2002 habe der Kläger ausdrücklich kein Eigentum an der überlassenen Kommissionsware erlangen sollten. Die Weiterveräußerung habe auf den Namen des Klägers und für Rechnung der Firma B erfolgen sollen. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG sei jedoch nur die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände abzugsfähig, die für das Unternehmen des Klägers eingeführt worden seien. Gemäß Abschnitt 24 Abs. 2 Satz 9 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) liege eine Lieferung des Kommitenten an den Kommissionär aber erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsguts an den Endabnehmer vor. Im Umkehrschluss seien sämtliche nicht weiter verkauften Waren noch nicht ins Eigentum des Klägers übergegangen und damit nicht für das Unternehmen des Steuerpflichtigen bezogen worden. Gemäß Abschnitt 199 Abs. 4 der UStR sei der Kläger nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, da er zum Zeitpunkt der Einführung der Ware keine Verfügungsmacht an den Teppichen erlangt habe. Dabei sei unbeachtlich, wer die Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich entrichtet habe. Die Einfuhrumsatzsteuer sei auf Waren erhoben worden, die für Zwecke des Lieferanten, also der Firma B, eingeführt worden seien. Die ausländische Firma bewirke mit der eingeführten Ware im Inland umsatzsteuerpflichtige Umsätze. Die Einfuhrumsatzsteuer sei daher beim Kläger nicht abzugsfähig. Der Kläger habe vielmehr gegenüber der Firma B einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Einfuhrumsatzsteuer.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht änderte der Beklagte am 06.10.2009 den Umsatzsteuerbescheid für 2002 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Die vom Kläger entrichtete Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 42.989,73 EUR wurde nunmehr nicht mehr als abziehbare Vorsteuer berücksichtigt, so dass sich die festzusetzende Umsatzsteuer – unter Berücksichtigung weiterer sich aus der Betriebsprüfung ergebender, jedoch nicht streitiger Änderungen – von ./. 51.071,37 EUR auf ./. 7.700,84 EUR erhöhte und zu einem Rück...