Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des maßgeblichen Kindesalters
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Berechnung des zugrunde zu legenden Kindesalters erfolgt gemäß § 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187, 188 BGB. Danach wird der Tag der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters bereits mitgerechnet. Das Lebensjahr endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, der seiner Benennung nach dem Tag der Geburt vorangeht.
2) Für ein am 1. eines Monats geborenes Kind besteht damit am Ende des Bezugszeitraums für diesen Monat kein Anspruch auf Kindergeld mehr.
3) Die Regelung des § 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187, 188 BGB bzw. § 32 Abs. 4 Nr. 2, § 66 Abs. 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6 S. 5, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 66 Abs. 2; AO § 108 Abs. 1; BGB § 187 Abs. 2 S. 2, § 188 Abs. 2; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für seinen am 1.11.19… geborenen Sohn A Kindergeld für den Monat November 20… zu gewähren ist.
Dem Kläger wurde ab Geburt des Kindes Kindergeld bewilligt. Mit Bescheid vom 8.11.2013 hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes ab dem 1.11.20… auf. Zur Begründung führte er aus, dass das Kind am 31.10.20… sein 25. Lebensjahr vollendet und damit die gesetzliche Altersgrenze für den Anspruch auf Kindergeld erreicht habe.
Hiergegen legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass seiner Ansicht nach der Sohn erst im Laufe des/am 1.11.20… das 25. Lebensjahr vollendet habe. Ferner vertrat er die Ansicht, dass wenn man der Ansicht des Beklagten folgen würde, Kinder, die am ersten Tag eines Monats geboren sind, gegenüber allen anderen Kinder, die zwischen dem 2. und 31. eines Monats geboren sind, benachteiligt wären. Das führe dazu, dass für am ersten Tag eines Monats geborene Kinder ein Monat weniger lang Kindergeld gezahlt werde und stelle eine unbegründete Ungleichbehandlung dar.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.1.2014 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers zurück und hielt seinen Bescheid vom 8.11.2013 aufrecht. Zur Begründung führte er aus, dass sich die Berechnung des Lebensalters gemäß dem X. Abschnitt der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleiches (DA-FamEStG) und § 108 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nach § 187 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richte. Danach werde der Tag der Geburt mitgerechnet. Das erste Lebensjahr des Sohnes habe folglich am 1.11.19… begonnen und am 31.10.1989 geendet. Bei der Fortsetzung dieses Musters habe der Sohn folglich am Tag vor seinem 25. Geburtstag, also am 31.10.20…, sein 25. Lebensjahr vollendet. Damit lägen ab dem 1.11.20… die Berücksichtigungsvoraussetzungen für die Bewilligung von Kindergeld nicht mehr vor.
Mit seiner hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbehelfsbegehren weiter.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Aufhebung des Kindergeldes für den Monat November 20… rechtswidrig ist. Er habe zwar wenig Zweifel daran, dass die geltende Rechtslage tatsächlich so sei, dass die Kindergeldzahlung für den Monat November 20… abzulehnen sei. Dies führe aber seiner Ansicht nach im Ergebnis zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung seines am 1. des Monats geborenen Sohnes gegenüber anderen vergleichbaren Kindern. So werde nach der geltenden Rechtslage für seinen Sohn von November 19… bis Oktober 20… Kindergeld gezahlt, was 300 Monaten entspreche. Für alle zwischen dem 2. November und 30. November 19… geborene Kinder in Deutschland werde hingegen Kindergeld für die Monate November 19… bis November 20… gezahlt, was insgesamt 301 Monaten entspreche. Damit falle die Kindergeldzahlung für die am 1. Tag eines Monats geborenen Kinder immer um einen Zahlmonat geringer aus als für die am 2. bis 31. Tag eines Monats geborenen Kinder. Diese nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung stelle eine Verletzung von Art. 3 GG dar. Ursächlich hierfür sei seiner Auffassung nach der Verweis in § 70 Abs. 2 S. 1 EStG i.V.m. § 108 Abs. 1 AO auf die allgemeinen Fristenregelungen des BGB. Zwar möge die Anwendung der §§ 187 Abs. 2 S. 2, 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB, denen zufolge bei der Berechnung einer Frist, die mit Ablauf eines Lebensjahres ende, der Geburtstag bereits außerhalb der Frist liege, in der überwiegenden Zahl der Fälle interessengerecht sein; allerdings komme es bei der Berechnung des Kindergeldes in seinem Fall wie oben dargelegt zu einer Gerechtigkeitslücke und evidenten Grundrechtsverletzung. In einem solchen Fall, in dem der Gesetzeswortlaut gleichwohl keine verfassungskonforme Auslegung zulasse, liege die Befassung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nahe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 8.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.1.2014 insoweit aufzuheben, als Kindergeld für den Monat November 20… aufgehoben wurde.
Der Beklagte beantrag...