Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG auf einen Verlust aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG, der auf der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung beruht
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem besonderen Tarif des § 32d EStG unterliegen nach Abs. 1 S. 1 der Norm grundsätzlich alle Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG.
2. Für Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 Nr. 4 und 7 EStG gilt der besondere Tarif nicht, wenn die Kapitalerträge von einer KapG an einen Anteilseigner „gezahlt” werden, der zu mind. 10% an der Gesellschaft beteiligt ist.
3. In der Übertragung von Forderungen, deren Wertlosigkeit nicht feststeht, liegt weder eine tatsächliche „Zahlung” von Kapitalerträgen noch ein (ggf. ausreichendes) zivilrechtliches Schuldverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der ihm die Kapitalerträge schuldende KapG.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32d Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob im Streitjahr 2018 ein Verlust aus § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG i.H.v. 100 % (so die Klägerin) oder nach § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 25 % (so der Beklagte) zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gegenstand ist die Verwaltung eigenen Vermögens und das Halten von Gesellschaftsanteilen. Beteiligt waren im Streitjahr die Herren A (20%), B (20 %), C (20 %) sowie die D GmbH (40 %). Die D GmbH hielt die Beteiligung im Betriebsvermögen; die übrigen Beteiligten hielten ihre Beteiligung im Privatvermögen.
Die Klägerin, die E GbR, hatte diverse Forderungen gegen die F GmbH (im Folgenden: F-GmbH); sie hatte in den Jahren 2017 und 2018, letztmalig am 21. August 2018, Darlehen an die F-GmbH i.H.v. insgesamt 1.193.000 € ausgereicht.
Die Präambel der Vereinbarung vom … August 2018 lautet auszugsweise wie folgt:
„…Diese Vereinbarung erfolgt im Zusammenhang mit der Umsetzung der geplanten Sanierung von F unter Bezugnahme auf die ersten sieben mit der G GmbH und E GbR geschlossenen Vereinbarungen…und ergänzt diese. Insgesamt wurden bis dato 1.113 TEUR durch E, 423 TEUR durch G als Barüberweisungen und etwa 500 TEUR…als Warenkredit durch die H GmbH zur Verfügung gestellt und von dieser an F berechnet. Das aktuelle Gesamtmanagement incl. dieser Vereinbarung beträgt folglich etwa 2,1 Mio EUR. Aus der Vereinbarung unter den Gesellschaftern…ergibt sich, dass die Gesellschafter I und J sich mit 25 %, mithin etwa 525 TEUR an der Finanzierung zu beteiligen haben. Die Präambel ist Bestandteil der Vereinbarungen. Der F GmbH, K (Ort) wurden im Zuge der Umsetzung der Übernahme von 75 % der Geschäftsanteile durch G und E und der Fortsetzung der eingeleiteten Sanierung von E/G weitere 125.000 €…als Fremdkapital zur Fortsetzung der Sanierung und zur Verwendung Personalkosten März 2018 zur Verfügung gestellt. Mit dieser Vereinbarung werden weitere Finanzmittel i.H.v. 100 TEUR von den Investoren (E 80 TEUR) und G (20 TEUR) zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit als Sanierungsdarlehen gewährt. Die Verwendung der Mittel erfolgt vereinbarungsgemäß unter der laufenden Kontrolle von Herrn L, Generalbevollmächtigter der F entsprechend der Weisung der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsführung…”
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom … August 2018 (Feststellungsakte des Beklagten) und auf die Vereinbarungen vom … Dezember 2017 (Bl. 32 ff. der elektronischen Gerichtsakte – eGA – ) Bezug genommen.
An der F-GmbH war die Klägerin im Streitjahr zu 60 % beteiligt. Beteiligt waren im Streitjahr ferner Herr J und Herr I (jeweils 12,5 %), sowie die G GmbH (im Folgenden G-GmbH) zu 15 %.
Die Klägerin, vertreten durch ihre Gesellschafter, hatte die Anteile mit notariellem Vertrag vom … Dezember 2017 (UR-Nr. …/2017 des Notares M) von der G-GmbH erworben. Die G-GmbH war vor Veräußerung zu 75 % an der F-GmbH beteiligt. Sie hatte die Geschäftsanteile mit den Nummern 3 und 4 mit einem Nennbetrag von jeweils 9.375 € (jeweils 37,5 %) gehalten. Mit notariellem Vertrag vom … Dezember 2017 wurden die Anteile geteilt, so dass nunmehr folgende Anteile bestanden: Nummern 3 und 5 mit einem Nennbetrag von jeweils 1.875 € sowie Nummern 4 und 6 mit einem Nennbetrag von jeweils 7.500 €. Nach Teilung erwarb die Klägerin die Anteile mit den Nummern 5 und 6 zu einem Kaufpreis von jeweils 1 €. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag (Bl. 128 ff. eGA) Bezug genommen.
Im Streitjahr verkaufte die Klägerin die Forderungen gegenüber der F GmbH mit Vertrag vom … Oktober 2018 für einen Kaufpreis von 1 € an die G-GmbH. Der „Verkaufs- und Abtretungsvertrag” lautet auszugsweise wie folgt:
„…Der F GmbH, K (Ort) wurden in insgesamt 8 Finanzierungsrunden (siehe Anlage mit Zusammenfassung der Zahlungen) zum Zwecke der Sanierung insgesamt von E 1.193.000,00 EUR als Sanierungsdarlehen zur Verfügung gestellt. Gemäß Urkunden Nummern … vom …10.2017 und … vom …1...