rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für bürgerliche Kleidung und Reisekosten einer Influencerin
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nicht als Erwerbsaufwendungen abziehbar. Dies gilt auch für die bürgerliche Kleidung einer Influencerin und zwar unabhängig davon, ob deren Erwerb und Nutzung aus einer beruflichen/betrieblichen (Mit-)Veranlassung erfolgt ist.
2. Reisekosten (hier einer Influencerin) die sowohl beruflich/betrieblich als auch privat veranlasst sind, sind anhand der Verursachungsbeiträge (u.a. nach Zeitanteilen) als BA/WK abziehbar. Soweit keine objektiven Kriterien für eine Aufteilung ersichtlich sind, ist im Wege der Schätzung ein hälftiger Abzug der Reisekosten als BA/WK möglich.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, § 12 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für Bekleidung und Reisekosten als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Die Klägerin wurde mit Wirkung zum …2010 gegründet mit dem Zweck des Handels mit Textilien und Accessoires. Sie führt einen Einzelhandel mit mehreren Boutiquen, in denen Bekleidung und Accessoires angeboten werden. Sie ermittelte ihren Gewinn im Streitjahr 2014 nach § 4 Abs. 3 EStG und im Streitjahr 2015 nach § 4 Abs. 1 EStG. Gesellschafter der Klägerin sind Frau A, vormals B, und ihr Ehemann A1. Frau A ist auf der Internetplattform Instagram unter dem Namen C als Influencerin tätig. Dort präsentiert sie u.a. Mode vor exotischen Kulissen durch professionell erstellte Werbefotos. Sie bewirbt dabei sowohl Produkte, die von der Klägerin vertrieben werden, als auch Fremdprodukte. Im Jahr 2014 wurden ausschließlich eigene Produkte beworben. Im Jahr 2015 beliefen sich die Umsätze durch außenstehende Auftraggeber auf … €, im Jahr 2016 auf … € und im Jahr 2017 auf … €.
Unter dem 21.12.2015 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und stellte darin einen Gewinn der Klägerin i.H.v. … € fest. Unter dem 26.10.2016 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und stellte darin einen Gewinn der Klägerin i.H.v. … € fest. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung – AO).
Im Rahmen einer Betriebsprüfung (BP) haben die Gesellschafter in einem Schreiben vom 20.11.2017 an den Betriebsprüfer zu der Frage nach „Einkäufen bei diversen Marken, wie z.B. …” ausgeführt: „Diese Einkäufe sind nicht privat, sondern eine Firmenausgabe, die als Invest in ein Foto / Blogpost getätigt wird, um 1. Neue Follower zu generieren, denn jeder Follower ist für Werbe-Firmen gleich mehr Budget, 2. Neue Agenturen zu akquirieren, 3. Durch die entsprechenden Hashtags Reichweite und mehr Bekanntheit zu sichern.” Weiter heißt es: „Sicherlich kommt auch die Frage auf, warum Reisen mit unseren Kindern als Betriebsreisen geltend gemacht wurden. Auch hier dient ein Beispiel: Wir reisen mit unseren Kindern an Ort „xy”, etablieren und positionieren uns somit als Familien Blog und erhalten danach bezahlt Kooperationsaufträge von Kinder / Familien Firmen, wie z.B. ….”
Im Anschluss an die bei der Klägerin durchgeführte BP änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 2014 unter dem 13.09.2018 unter Beachtung des BP-Berichts vom 28.6.2018 dahingehend, dass er u.a. Aufwendungen für diverse Kleidungsstücke und Reisen nicht mehr gewinnmindernd berücksichtigte und in der Folge einen Gewinn i.H.v. … € feststellte. Für 2015 stellte er unter demselben Datum einen Gewinn i.H.v. … € fest. Ausgehend von diesen Gewinnfeststellungen wurden auch die Bescheide für 2014 und 2015 über den Gewerbesteuermessbetrag geändert (29.11.2018). Schließlich ergingen unter dem 13.9.2018 ebenfalls nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2014 und 2015 (festgesetzte Umsatzsteuer danach für 2014 … € bzw. 2015 … €).
Im Einzelnen wurden im Streitjahr 2014 Betriebsausgaben i.H.v. 21.482,96 € (brutto, inklusive Vorsteuer i.H.v. 2.289,89 €) und im Jahr 2015 Betriebsausgaben i.H.v. 42.569,89 € (brutto, inklusive Vorsteuer i.H.v. 1.242,39 €) für Kleidung nicht anerkannt. Die Aufwendungen resultieren aus Käufen von Kleidungsstücken, Taschen etc. von Marken wie … etc. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage 1 zum BP-Bericht verwiesen.
Außerdem hat der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für Reisen gekürzt und den Gewinn wie folgt (außerbilanziell) erhöht:
Reise |
Zeitraum |
Nicht berücksichtigt |
Betrag (netto) |
2 S (Europa) |
18.10.-19.10.2014 |
100% |
622,20 € |
4 T (Asien) |
31.12.2015-14.01.2016 |
100% |
760,00 € |
8 U (Europa) |
28.02.2015 |
100% |
256,00 € |
Zwischensumme |
|
|
1.638,20 € |
1 V (Europa) |
17.09.-24.09.2014 |
50% |
1.726,73 € |
7 W (Afrika) |
15.03.2015 |
50% |
902,22 € |
9 W (Afrika) |
20.09.-24.09.2015 |
50% |
653,40 € |
Zwischensumme |
|
|
3.282,35 € |
Gesamt |
|
|
4.920,55 € |
- davon in 2014: 2.348,93 (= 622,20 € + 1.726,73 €)
- davon in 2015: 2.571,62 € (= 760 € + 256 € + 902,22 € + 653,40 €)
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