Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung unterjähriger Zuführungen bei EU-Kapitalgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
1) Auch bei einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft ist die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ungeachtet unterjähriger Zugänge auf den zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahre ermittelten positiven Bestand des Kontos begrenzt.
2) Der Gesetzgeber war aus Gründen der Verwaltungsökonomie berechtigt, eine entsprechende Regelung zu erlassen.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 8; EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9; KStG § 27 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin gemäß § 27 Abs. 8 KStG eine Einlagenrückgewähr i.H.v. 94.552.009 € zu bescheinigen ist.
Die Klägerin ist eine im Jahr 2007 nach dem Recht von Gibraltar gegründete Kapitalgesellschaft. Das Nennkapital betrug bei Gründung 145 €.
Am 24.04.2008 gab die Klägerin 100 Anteile zu je 1,45 € an neue Anteilseigner aus. Das Stammkapital wurde damit auf 290 € erhöht. Die Anteilseigner zahlten darüber hinaus 93.452.355 € in das Vermögen der Klägerin ein. Am 15.10.2008 leisteten die Anteilseigner weitere Einlagen i.H.v. 1.100.000 €. In der Summe wurden somit außerhalb des Stammkapitals von 290 € insgesamt 94.552.355 € eingelegt.
Am 15.10.2008 und am 05.11.2008 beschlossen die Anteilseigner, das Vermögen an sich auszukehren. Daraufhin wurden an die Anteilseigner 2 Millionen Euro durch Abtretung einer Forderung der Klägerin gegen eine mittelbare Tochtergesellschaft (A … AB) und 91.452.155 € durch Abtretung einer Beteiligung an der B S.a.r.l. ausgekehrt. Außerdem beschlossen die Anteilseigner am 05.11.2008 eine Ausschüttung i.H.v. 1.119.547 €. Diese wurde i.H.v. 1.100.000 € durch Verwendung der Kapitalrücklage und i.H.v. 19.547 € aus den im Jahr 2008 erwirtschafteten Gewinnen der Klägerin finanziert. Nach den Ausschüttungen verfügte die Klägerin nur noch über ein Vermögen i.H.v. 636 €.
Am 30.12.2009 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 KStG i.H.v. 94.552.009 €.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31.05.2010 ab, da Einlagen, die nicht in das Nennkapital geleistet würden, im Jahr der Einlage selbst nicht für eine Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 KStG zur Verfügung stünden. Erst zum Schluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres seien die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auszuweisen. Der Klägerin habe zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres kein steuerlicher Einlagebestand zur Verfügung gestanden.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 29.06.2010.
Diesen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 08.12.2010 als unbegründet zurück.
Der Beklagte stimmte der Klägerin zu, dass es durch die Einziehung von Anteilen gegen Zahlung eines Agios am 15.10.2008 und 05.11.2008 zur Rückzahlung von Einlagebeträgen gekommen sei. Die Zahlungen seien daher im Rahmen der Ermittlung des Betrags der Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 KStG berücksichtigungsfähig. Gemäß § 27 Abs. 1 S. 3 KStG minderten Leistungen einer Kapitalgesellschaft das steuerliche Einlagekonto nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelten ausschüttbaren Gewinn überstiegen. Die im Laufe des Jahres 2008 erfolgten Zugänge zum Bestand des steuerlichen Einlagenkontos könnten damit noch nicht im Hinblick auf die unterjährig erfolgten Rückzahlungen der Einlagen berücksichtigt werden. Diese für inländische Gesellschaften geltende Regelung sei gemäß § 27 Abs. 8 KStG auch auf ausländische Körperschaften anzuwenden. Daher könne der Klägerin die beantragte Bescheinigung nicht erteilt werden.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 11.01.2011.
Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die Gesellschafterin der Klägerin die D L.P. sei. Diese Gesellschaft sei nach dem Recht der Insel Jersey gegründet und habe nach dem dortigen Recht keine eigene Rechtspersönlichkeit. Vermögensgegenstände könnten nur über einen General Partner gehalten werden. General Partner sei in diesem Fall die D1 Limited. Diese sei zwar als Anteilseigner im Handelsregister von Gibraltar eingetragen. Dies liege aber nur daran, dass die tatsächliche Gesellschafterin aufgrund ihrer fehlenden Rechtspersönlichkeit nicht im Handelsregister aufgeführt werden dürfe. Abgesehen davon sei das Handelsregister von Gibraltar nur deklaratorisch. Es sei allerdings ersichtlich, dass die Akquisition der B-Gruppe aus Mitteln des D finanziert worden sei. Die Klägerin sei im Zusammenhang mit dem Erwerb der B Gruppe erworben worden.
Da die D L.P. Anteilseignerin der Klägerin sei, seien die Leistungen der Klägerin an die Gesellschafterin den dahinter stehenden Gesellschaftern (den Kommanditisten) zuzurechnen. Die D L.P. sei einer deutschen Personengesellschaft vergleichbar. Die Gesellschaft habe auch in Deutschland Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung abgegeben.
Die Klägerin habe einen Anspruch auf Bescheinigung der Einlagenrück...