Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld für Pflegekind mit eigenem Haushalt
Leitsatz (redaktionell)
Ein Pflegekindschaftsverhältnis i. S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass das Kind im Haushalt der Pflegeeltern aufgenommen ist; lebt das Kind in einem eigenen Haushalt, liegen die Voraussetzungen zur Berücksichtigung als Pflegekind nicht (mehr) vor.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist das Kindergeld für das Kind R (geb. ….07.1992).
Das Kind befand sich zunächst – seit dem ….09.1995 – in Dauerpflege bei der Klägerin und deren Ehemann und wohnt jetzt in einer eigenen Wohnung.
Die leibliche Mutter des Kindes lebt in England. Als Vater des Kindes ist in der Geburtsurkunde der damalige Ehemann der leiblichen Mutter angegeben. Die Vaterschaft des gesetzlichen Vaters wurde zwischenzeitlich erfolgreich angefochten.
In der Zeit vom ….07.2013 bis ….09.2013 befand sich R wegen einer psychischen Erkrankung in der LVR-Klinik in H. Nach der Entlassung zog er in eine Einrichtung für ambulantes betreutes Wohnen in H. Seit dem 01.08.2014 wohnt er in einer eigenen Wohnung in H. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlen für R monatlich 290 EUR Miete und 25,90 EUR für eine Fahrkarte. Zudem haben sie eine Bürgschaft für die Miete übernommen. Seit dem 01.08.2014 besucht R die Fachoberschule …. In der Zeit vom ….12.2014 bis ….02.2015 befand sich R erneut wegen einer psychischen Erkrankung in der LVR-Klinik in H.
Mit Bescheid vom 10.02.2015 wurde die Bewilligung von Kindergeld ab dem Monat Oktober 2014 gegenüber der Klägerin abgelehnt. Zur Begründung wurde angeführt, dass ein Kind nur dann als Pflegekind berücksichtigt werden könne, wenn es in den Haushalt aufgenommen worden sei. R lebe dagegen in einem eigenen Haushalt. Das Einspruchsverfahren war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 13.04.2015).
Zudem hatte R einen eigenen Antrag auf Bewilligung von Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 10.02.2015 gegenüber R abgelehnt. Das Widerspruchsverfahren war erfolglos.
Die Beklagte wertete den eigenen Kindergeldantrag von R zugleich als Antrag des Kindes auf Abzweigung des Kindergeldes. Dieser Antrag wurde gegenüber R ebenfalls mit Bescheid vom 10.02.2015 abgelehnt. Das Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid war erfolglos.
Mit der vorliegenden Klage vom 13.05.2014 verfolgt die Klägerin ihr eigenes Kindergeldbegehren weiter.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, der Begriff der Haushaltsaufnahme sei nicht so zu verstehen, dass sich das Pflegekind durchgängig im Haushalt der Pflegeperson aufhalten müsse. Eine räumliche Trennung sei unschädlich, wenn die auswärtige Unterbringung vorübergehender Natur sei. Sie und R hätten wenigstens an den Wochenenden persönlichen Kontakt. R komme dann nach Hause. Dort bewege er sich als vollwertiges Mitglied der häuslichen Gemeinschaft. Er bleibe bis abends, es werde dann gemeinsam gekocht und gegessen. R habe allein letztes Weihnachten zweimal bei ihnen übernachtet. Er schlafe entweder im Zimmer seines Bruders oder in seinem alten Zimmer, in dem sie – die Klägerin – sonst übernachte. Gegenüber Freunden bezeichne R ihren Haushalt als sein richtiges Zuhause. Allein der Umzug in eine eigene Wohnung zu Ausbildungszwecken oder wie hier aus pädagogischen Gründen lasse nicht den Schluss zu, dass die Haushaltsaufnahme beendet sei. Die Entscheidung, dass R in eine eigene Wohnung ziehe, sei nach dem ersten Klinikaufenthalt gefallen. Zusammen mit Ärzten und Pädagogen sei die Entscheidung getroffen worden, um zu sehen, ob R trotz seiner Erkrankung in der Lage sei, auf eigenen Beinen zu stehen. Es habe zudem Ruhe in ihr Verhältnis gebracht werden sollen, nachdem es zu körperlichen Übergriffen auf sie gekommen sei. Auch habe der noch im Haushalt lebende jüngere Sohn M vor den krankhaften Verhaltensweisen von R geschützt werden sollen. R wisse, dass er jederzeit nach Hause kommen könne und tue dies auch. Er habe einen eigenen Haustürschlüssel. Wenn er mit der eigenen Wohnung überfordert wäre, könnte er wieder zurück. Die Aufwendungen, die die Familie erbringe, um für R da zu sein, seien enorm und wesentlich größer als bei gesunden jungen Erwachsenen. Sie unterstützten das Kind nicht nur wirtschaftlich, sondern stünden ihm zu jeder Zeit wie Eltern bei. Es sei für sie selbstverständlich, dass sie sich weiterhin um das Kind kümmerten. Ob es sich um einen vorübergehenden Auszug handelt oder ob dieser endgültig sei, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit gesagt werden. Zu der leiblichen Mutter bestehe so gut wie kein Kontakt. Die Mutter lebe irgendwo in England. Der vermutlich leibliche Vater lebe in Afrika. Außer einem Besuch im letzten Jahr bestehe auch hier so gut wie kein Kontakt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Die Kläger...