Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Einkommensteuerbescheids des geschiedenen Unterhaltsempfängers trotz bekannter Unterhaltsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
Berücksichtigt das Finanzamt Unterhaltseinnahmen des geschiedenen Ehegatten trotz bekannter Tatsache der Unterhaltsleistungen vom anderen Ehegatten nicht einkommenserhöhend, so kann die erstmalige Abgabe der Anlage U durch den Unterhaltszahler und die darin enthaltene Zustimmung des Leistungsempfängers zum Steuerabzug als rückwirkendes Ereignis zur Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO führen.
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 22 Nr. 1a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt war, einen ohne Nebenbestimmung ergangenen Steuerbescheid zu Lasten der Klägerin zu andern.
Die Klägerin gab für das Streitjahr (1991) eine Einkommensteuererklärung ab, in der sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen angab. Sie hatte der Erklärung eine von ihr selbst unterzeichnete handschriftliche „Bestätigung” darüber beigefügt, daß sie von ihrem geschiedenen Ehemann im Streitjahr „l0.000,– DM Unterhaltsnachzahlung … erhalten habe”. Die vereinnahmten Zahlungen wurden jedoch nicht ausdrücklich als Einkünfte erklärt; die für die Erklärung von Unterhaltseinkünften vorgesehene Spalte der Anlage KSO zur Steuererklärung enthält keine Eintragung. Der Beklagte erließ daraufhin am 15.04.1992 einen Ei.nkommeneteuerbescheid für das Streitjahr, in dem er die Unterhaltsbeträge nicht einkommenserhöhend berücksichtigte. Dieser Bescheid, der keine Nebenbestimmung enthielt, wurde bestandskräftig.
Am 25.08.1993 ging beim Beklagten die Einkommensteuererklärung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin ein. In dieser Erklärung wurden die an die Klägerin geleisteten Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend gemacht. Der Erklärung war eine Anlage U beigefügt, in der der geschiedene Ehemann einen Abzug der Unterhaltabeträge als Sonderausgaben beantragt und die Klägerin unter dem 12.12.1991 diesem Antrag zugestimmt hatte.
Daraufhin erließ der Beklagte am 26.11.199 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem er die Unterhaltszahlungen – abzüglich eines Werbungskosten-Pauschbetrags von 200.– DM – nunmehr als sonstige Einkünfte der Klägerin i.S.d § 22 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfaßte. Verfahrensrechtlich stützte er die Änderung des ursprünglichen Bescheids auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung A0). Der Einspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den bestandnkräftig gewordenen ursprünglichen Bescheid zu ihren Lasten zu ändern. Hierfür fehle es nämlich an der erforderlichen Änderungsvorschrift. Der vom Beklagten herangezogene 173 Abs. 1 Nr. 1 A0 sei im Streitfall nicht einschlägig, da die Tatsache der Unterhaltsleistungen bereits bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung mitgeteilt, dem Beklagten also bei der erstmaligen Veranlagung bekannt gewesen sei. Damit fehle es an einer. „neuen Tatsache” i.S. der genannten Vorschrift. Wegen des weiteren diesbezüglichen Vortrags der Klägerin wird auf deren Schriftsatz vom 14.12.1994 (BI. 16 f. FG-Akte) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 1991 vom 26.11.1993 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Die Klägerin habe bei der Abgabe ihrer Steuererklärung zwar die geleisteten Unterhaltszahlungen mitgeteilt, diese aber nicht als Einkünfte erklärt. Erst nach Durchführung der erstmaligen Veranlagung sei ihm – dem Beklagten – die Anlage U vorgelegt worden, aus der sich die Zustimmung der Klagerin zum Abzug der Unterhaltsleistungen durch ihren geschiedenen Ehemann ergeben habe. Erst zu diesem Zeitpunkt seien ihm mithin diejenigen Umstände bekannt geworden, aus denen sich die Verpflichtung der Klägerin zur Versteuerung der Unterhaltsleistungen ergäben. Damit seien im Streitfall die in § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO genannten Änderungsvoraussetzungen gegeben. Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten wird auf dessen Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Berichterstatter die Klägerin darauf hingewiesen, daß mit Rücksicht auf die nachträgliche Vorlage der Anlage U der ursprüngl iche Bescheid möglicherweise nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AQ habe geändert werden können (Schreiben vom 31.03.1995, Bl. 36 f. FG-Akte). Hierzu hat sich die Klägerin innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid, über dessen materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht ordnungsgemäß zustandegekcmmen. Denn der ursprünglich erlassene Beschei...